Laster oder Medizin

Das Kaffeehaus als österreichische Institution ist weltberühmt. Dass die Türken uns mit der 2. Belagerung Wiens 1683 den Kaffee brachten, ist Legende. Schon bevor das erste Wiener Kaffeehaus 1685 auf dem Haarmarkt (Rotenturmstraße 14) eröffnete, existierten bereits Kaffeehäuser in Buda, Venedig, Marseille, London, Paris und Hamburg. Das berühmte Café Tomaselli in Salzburg wurde im Jahr 1700 gegründet. 

 

Kaffee hat zwar Tradition in Österreich, genoss aber jahrelang einen eher schlechten Ruf: Er belaste die Gesundheit, erhöhe den Blutdruck, reize den Magen, sei ein Schlafräuber usw. Zwar wurde Kaffeetrinken nie so negativ beurteilt wie Alkohol und Rauchen, stand aber trotzdem im Ruf, ein Suchtpotenzial zu bergen.

 

Vor rund zwanzig Jahren erschien erstmals eine Studie über Zusammenhänge von Kaffeetrinken und Diabetes, bei der eine Zunahme der Insulinresistenz beobachtet wurde. Allerdings wurde dabei den Probanden Koffein in die Venen gespritzt, also dem Körper auf einem völlig unnatürlichen Weg zugeführt.

 

Schlechtes Image des Kaffees wandelte sich

 

2002 wurde dann eine große niederländische Studie mit über 17.000 Probanden über mehrere Jahre veröffentlicht. Das Ergebnis: Wer täglich mehrere Tassen Kaffee trank, konnte sein Risiko, an Diabetes zu erkranken, halbieren! Dieses aufsehenerregende Resultat wurde in Folge durch weitere, zum Teil sehr große Studien bestätigt, und das schlechte Image des Kaffees wandelte sich ins Gegenteil.

 

Mehrfacher Benefit

 

Nach und nach brachten Studien weitere Erkenntnisse. Demnach wirkt sich das Kaffeetrinken günstig auf Arterienverkalkung aus und verbessert die Leberwerte. Erst in den letzten Jahren zeigte sich bei mäßigen Kaffeetrinkern – drei bis fünf Tassen täglich – eine leicht geringere Sterblichkeit an Herz-Kreislauf-Erkrankungen gegenüber Kaffeeabstinenten. Bestimmte Krebsarten, Insulinresistenz bei Typ-2-Diabetes und chronische Entzündungen schwächen sich leicht ab oder entwickeln sich langsamer. Und schließlich ist auch das Risiko für Depressionen und Demenz etwas geringer.

 

Koffein als wichtigster Inhaltsstoff von Kaffee wirkt auf das zentrale Nervensystem. Es stimuliert die Konzentrationsfähigkeit, Verdauung und Muskeltätigkeit und erweitert die Bronchien. Die leichte Steigerung von Puls, Blutdruck und Körpertemperatur ist nur kurzfristig und bedeutungslos. Auch bei der Anregung der Diurese (des Wasserlassens) stellt sich bei regelmäßigem Kaffeetrinken ein neues Gleichgewicht ein. Daher ist Kaffee auch kein „Flüssigkeitsräuber“.

 

Mit gutem Gewissen genießen!

 

Kaffee macht also nicht krank, wie früher oft behauptet, sondern ist mit einer gesunden Ernährung durchaus vereinbar. Kaffeetrinker, auch Diabetiker, können ihre Kaffeepause mit gutem Gewissen genießen – aber bitte ohne Zigarette dazu!   

     

Quelle: auszugsweise d-journal 257|2019

 

Durchschnittlicher Koffeingehalt von Getränken

 

  Kaffee                  150 ml                100 mg Koffein 

  Schwarztee         150 ml                 50 mg Koffein

  Energy Drink        250 ml                 80 mg Koffein

  Cola                       330 ml                 40 mg Koffein

Dr. Schelkshorn

Prim. Dr. Christian Schelkshorn

seit 40 Jahren Typ-1-Betroffener 
seit 24 Jahren Internist und Diabetologe

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