Page 14 - Mein Leben, Ausgabe 3 2021
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 MEDIZIN | Neues aus der Medizin
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Aktuell ist die Wahrscheinlichkeit, selbst Bedarf an einer Organtransplantation zu haben, beinahe viermal so hoch wie die Wahrscheinlichkeit, nach dem eigenen Tod Organspender zu werden.
 ORGANTRANSPLANTATION
Situation in Österreich aufgrund von COVID-19
Im Jahr 2020 wurden in Österreich 672 Organtrans- plantationen durchgeführt, 52 davon mit Organen von Lebensspenderinnen/-spendern und 620 mit Organen
Verstorbener. Im Vergleich zum Jahr davor ist somit die Anzahl der Transplantationen mit Organen Verstorbener um rund sieben Prozent – also deutlich – zurückgegan- gen (2019 waren es 720). Ein Umstand, der durch eine geringere Anzahl an Nieren- und Herztransplantationen erklärbar ist.
Auch wenn uns das SARS-CoV-2-Virus noch weiter be- schäftigen wird, hat die COVID-19-Pandemie gezeigt, wie schnell Fortschritte in der Medizin erzielt werden können. Das führte erfreulicherweise zu einer Verringe- rung der Letalität auf den Intensivstationen, aber damit auch zu einer geringeren Anzahl postmortaler Organ- spender.
Erschwernisse in Bezug auf die erfolgreiche Durchfüh- rung von Transplantationen betrafen weitere Ressource- nengpässe sowohl in Bezug auf Intensivbetten als auch personeller Natur und den Umstand, dass ganze Inten- sivstationen ausschließlich als COVID-19-Stationen be- trieben werden mussten. Dazu kamen weitere Heraus- forderungen durch erforderliche Testungen und weitere Sicherheitsauflagen.
Ein atemloses Jahr 2020 hat gezeigt, wie vulnerabel das etablierte System der Transplantationsmedizin in Kri- senzeiten sein kann. Vor allem hat es auch gezeigt, dass das Transplantationswesen von vielen nicht unmittelbar transplantationsspezifischen Bedingungen und Maß- nahmen betroffen sein kann, wie z. B. Landeverbote, Grenzschließungen oder erschwerte Transportbedin- gungen.
Hinzu kommt, dass Organspende und -transplantati- on keine elektiven, planbaren Eingriffe, sondern Maß- nahmen einer lebensrettenden Notfallversorgung sind, die auch in schwierigen Zeiten aufrechterhalten werden müssen. Potenzielle Organspenden und -transplan- tationen, die aufgrund von Krisen wie der aktuellen COVID-19-Pandemie nicht durchgeführt werden, füh- ren daher zum Verlust einer wertvollen Ressource.
Umso wichtiger ist daher die Absicherung von Struk- turen, die es auch bei Ressourcenknappheit erlauben, Transplantationsmedizin auf hohem Niveau für alle in Österreich lebenden Personen vorzuhalten. Immerhin ist die Wahrscheinlichkeit, selbst Bedarf an einer Organ- transplantation zu haben, ausgehend von den derzeitigen Zahlen, beinahe viermal so hoch wie die Wahrscheinlich- keit, nach dem eigenen Tod Organspender zu werden.
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Quelle: GÖG/ÖBIG 2021, Transplant-Jahresbericht 2020





















































































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