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Hängt das seelische Wohlbefinden mit den BZ-Werten zusammen?

Seit vielen Jahren ist das Thema des seelischen Befindens eng mit der Thematik Diabetes mellitus verbunden. Auf vielen Diabetes-Fortbildungen ist das Thema – Depression in all ihren Facetten – ein wichtiger Punkt, der intensiv bearbeitet wird. Jedoch ist es aufgrund ihrer immer sehr individuellen und persönlichen Komponenten niemals möglich, ein einfaches Kochrezept der Therapie zu erstellen.

 

Zu Beginn steht die Bewusstseinsbildung – ich bin nicht allein mit diesem Problem, ich sitze mit vielen im gleichen Boot. Das allein wird mir nicht helfen, aber es ist der erste Schritt zur aktiven Beschäftigung mit dem Thema, und Offenheit in dieser Richtung öffnet den Betroffenen Verbesserungs- und vielleicht auch Lösungsmöglichkeiten.

 

Wo liegen nun die vordergründigen Zusammenhänge zwischen Diabetes und Depression? Depression, aber auch bereits depressive Verstimmungen beeinträchtigen die Therapiezufriedenheit und damit engstens verbunden die Lebensqualität. Die Umsetzung der Therapie im Alltag wird oft deutlich schwieriger, und der negative Kreislauf beginnt: weniger genaue Therapie – weniger positive Befundentwicklung. Wo können wir unsere betroffenen Patienten nun abholen? Ich möchte jetzt keine detaillierten Rezepte be- oder verschreiben, aber versuchen, eine Linie, d. h. einen Weg vorzuzeigen.

 

Im Vordergrund steht – egal, in welcher Phase der diabetischen Erkrankung wir uns befinden – die Vereinbarung von Zielen. Wenn wir Ärzte diese Ziele oft nicht an die individuellen Lebensumstände der Menschen anzupassen versuchen, ist das Scheitern manchmal bereits abzusehen. Eine Bitte an alle DIABETIKER: Sprechen Sie diese Ziele ab, fordern Sie diese ein und nehmen Sie ganz aktiv dazu Stellung – den HbA1c von unter 8 % werde ich einfach nicht schaffen ..., bei meinem Alltag kann ich nicht 4-mal tgl. blutige BZ-Messungen durchführen und diese auch noch schriftlich dokumentieren, ich schaffe es nicht, auf Süßes komplett zu verzichten …! 

 

Es ist dann unsere Aufgabe, darauf einzugehen und in der Therapie darauf Bezug zu nehmen.

 

Für mich ist sehr oft die Aussage „Ich bin halt wegen meines Essens schuld am Diabetes“ eine zentrale Aussage, der heftig widersprochen werden muss. Gewiss ist Übergewicht und ungesundes Essverhalten leider eine sehr gute Voraussetzung, um eine diabetische Diagnose zu bekommen. Allerdings ist sie nicht die einzige, und eine erbliche Veranlagung ist bei Typ-2-Diabetes sehr häufig eine wichtige Begleitkomponente. Uns Ärzten obliegt es, diese Schuldgefühle zu zerstreuen und Selbstkritik hin in eine konstruktive Verbesserung der Befunde zu führen. 

 

Therapieversagen liegt manchmal an zu hoch gesteckten Zielen verbunden mit einer Therapie, die nicht genügend auf die individuellen Lebensumstände Rücksicht nimmt. Uns steht heute eine Vielzahl an unterschiedlichsten Möglichkeiten offen, sodass es immer einen Weg geben wird.

 

Wenn Ängste unser Leben und im Besonderen auch unseren diabetischen Alltag (Stichwort Spätfolgen) bestimmen, so wird es sein, dass wir uns von Zeit zu Zeit professionelle Hilfe suchen müssen. Sei es eine Therapeutin, sei es einen Arzt, der unser seelisches Gleichgewicht wiederherstellen kann. Dies ist nicht als Versagen des Betroffenen aufzufassen. Diabetes ist eine Krankheit mit vielen Gesichtern, nur den Zucker alleine im Blick zu haben genügt sehr selten. 

 

Es ist für beinahe jeden Menschen selbstverständlich, bei hartnäckigen Gelenkbeschwerden einen Orthopäden aufzusuchen, bei hartnäckigen seelischen Problemen sollte es selbstverständlich sein, sich auch hier professionelle Hilfe holen zu dürfen.

 

Nicht jede Verstimmung über schlechte BZ-Werte, Müdigkeit, Antriebslosigkeit, übertriebene Selbstkritik und Schuldgefühle im Zusammenhang mit Diabetes sind Ausdruck einer Depression. Wenn diese allerdings über einen längeren Zeitraum unverändert anhalten, ist die Diagnose einer depressiven Erkrankung zu stellen.

 

Beides beeinflusst unseren diabetischen Alltag vorübergehend bis nachhaltig. Ich möchte uns Diabetiker motivieren, sich in beiden Fällen Hilfe zu holen.

 

Diabetes begleitet uns jeden Tag, jede Stunde unseres Lebens und beschäftigt uns. Mein Wunsch und mein Ziel ist es, dass es eine Nebenbeschäftigung bleibt, eine Nebenbeschäftigung, die uns keinen einzigen Tag Urlaub gönnt, aber die wir aktiv beeinflussen können. Die aktive Beschäftigung mit diesem Thema im Alltag hat niemand vererbt bekommen. Wir müssen uns dieser Aktivität jeden Tag aufs Neue stellen und uns kontinuierlich Wissen aneignen. So wie wir keinen einzigen Tag Urlaub vom Diabetes haben, so vergeht auch kein Tag, an dem wir nicht dazulernen können.

 

Dazu möchte ich Sie einladen und darf Sie im kommenden Jahr (in Zukunft) in diesem Magazin dabei begleiten.

 

Diabetiker erkranken deutlich häufiger an Depressionen. Festgestellt wurde, dass eine erhöhte Depressionsneigung besteht – besonders nach folgenden Situationen:

  • nach der Diagnosestellung „Diabetes“

  • nach schweren Hypoglykämien

  • wenn sich akut Folgeerkrankungen eingestellt haben

  • nach Umstellung von oraler auf Insulintherapie

 

Leiden Sie seit mehr als zwei Wochen an

  • gedrückter Stimmung

  • Verlust an Interesse oder Freude bei erfreulichen Ereignissen

  • Antriebslosigkeit oder bleierner Müdigkeit oder innerer Unruhe

  • negativen Zukunftsperspektiven oderHoffnungslosigkeit

  • verringertem Selbstvertrauen oder Selbstwertgefühl

  • starken Schuldgefühlen oder vermehrter Selbstkritik

  • hartnäckigen Schlafstörungen

  • eingeschränkter Konzentrationsfähigkeit

  • vermindertem Appetit?

 

Wenn Sie mehr als vier positive Antworten gegeben haben, sollten Sie sich mit Ihrem Arzt beraten.

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