REHA. Und dann?

„Frau M., ja gerne schreibe ich Ihnen den REHA-Antrag! Sie werden viel lernen, sich erholen, vielleicht ein paar Kilo abnehmen und mit guten Zuckerwerten zurückkommen!“

 

„Herr S., ja ich denke auch, dass Sie das neue Basal-Insulin ausprobieren sollten. Und ich finde es sehr gut, dass Sie das bei Ihrer Diabetes-REHA machen wollen! Da können Sie gleich die Broteinheiten neu lernen und alle Ihre Insulin-Faktoren anpassen! Sie werden mit einer ganz anderen Diabetes-Einstellung zurückkommen!“


„Herr K., Ihre Werte sind schon sehr hoch, aber ja – mit Insulin erst auf der REHA anfangen, das geht gut, Sie  sind ja schon bald da.“


Da fahren sie los, 3 Diabetiker, zur „Stoffwechsel-REHA“,  mit großen Erwartungen, mit viel Vorfreude und guten Vorsätzen. Gewicht abnehmen, Wissen über Diabetes auffrischen, Bewegung machen, sich ein bisschen ausruhen, Zeit zum Nachdenken…


Der behandelnde Arzt, die behandelnde Ärztin freut sich mit ihnen, schreibt einen wohl formulierten REHA-Antrag, füllt alle Felder gewissenhaft aus und schreibt Gedanken zum „Ziel der Rehabilitation“ in das dafür vorgesehene Feld. 


„Und wenn Sie dann den Termin haben, bitte vereinbaren Sie einen Termin bei uns. Wir würden Sie gerne spätestens 14 Tage nach Ende der REHA sehen!“ 


Das überrascht. Aber es ist so wichtig und gehört, meine ich, zu einem REHA-Antrag einfach dazu: der Besprechungstermin sehr bald nach der Heimfahrt. 


Denn jeder Diabetiker, jede Diabetikerin kehrt ja zurück ins gewohnte Leben. Langfristig gesehen, entstehen die HbA1c-Werte nicht in den 3 Wochen REHA, sondern in den langen Monaten und Jahren nach der REHA. So wie man nicht zwischen Weihnachten und Neujahr, sondern zwischen Neujahr und Weihnachten zu- oder abnimmt!


Sehr oft läuft alles gut bei der REHA. Man ist rausgerissen aus dem Alltag, schon beim Frühstück gibt’s ein schön hergerichtetes Buffet, überall stehen Kalorien und Broteinheiten dabei. Die Morgengymnastik hat man schon absolviert, unterm Tag gibt es viele Termine: Vorträge, Zucker-Tests, Wandern, Einzel-Therapien. Man hat nette Leute als Tisch-Nachbarn und alle motivieren sich gegenseitig. 


Es ist schon ein Erlebnis zu sehen, wie schnell die Zuckerwerte sinken! Das gute, richtige Essen, die viele Bewegung, sicher auch die Entspannung und dass die Sorgen zwar nicht zuhause geblieben sind, aber hier doch kleiner wirken: Das alles trägt dazu bei, dass man sich so richtig gut fühlt in den REHA-Wochen. 


Gute Zuckerwerte sind die Belohnung für manche Anstrengung. Sogar Tabletten oder Insulin können stark reduziert werden! Und trotzdem läuft der Zucker „wia a Glöckerl“. 


Gegen Ende der 3 Wochen ist schon ein Trainings-Erfolg zu sehen: Wege, die am Anfang noch schwer fielen, Steigungen, bei denen man ziemlich schnaufen musste – das fällt jetzt richtig leicht! Wenn dann die Waage auch noch 1–2 Kilo weniger anzeigt, ist die Freude groß.


Groß sind auch die guten Vorsätze: Die Rezept-Sammlung, die man beim gemeinsamen Kochen bekommen hat, hat man schon fast auswendig gelernt. Ist doch richtig – gesunde Küche kann ganz schnell und einfach gehen! Ab jetzt wird man nur mehr so kochen. Und die nette Sport-Trainerin hat ja auch Recht. So viel wie hier muss es ja nicht sein, aber täglich die halbe Stunde Bewegung, die ist schon drin, wär doch gelacht…

Mit vielen guten Ratschlägen, mehr Muskeln, weniger Kilos und vor allem mit weniger Tabletten oder Insulin fährt man heim.


Aber dann …


Aber dann klappt's zuhause grad einmal 3 Tage lang. Schon beginnt der Nüchtern-BZ wieder zu steigen. Hm, die halbe Stunde Sport ist sich gestern einfach nicht ausgegangen, daran liegt es wohl. Heute macht man dafür umso mehr …


Es ist absehbar, wo das allzu oft endet: in einer riesigen Enttäuschung. 

„Auf der REHA war doch alles so einfach! Alles hat funktioniert! Aber jetzt zuhause sind meine Zuckerwerte höher als davor, und sogar das HbA1c ist stark gestiegen! Das kann's doch nicht sein, oder?“  So dann die Anklage ein paar Monate später.


Damit das nicht passiert, brauchen Diabetiker unbedingt einen Termin bei ihrem Diabetes-Team sehr bald nach der REHA!


Der Arzt, die Ärztin ist ja selbst neugierig, zu hören, wie es auf der REHA gelaufen ist. Wie haben sich die Zucker-Werte seither verändert? 


Es ist leider kaum möglich, den Tagesablauf der REHA ins Alltagsleben mitzunehmen. Leider stellt einem auch keiner das Salat-Buffet jeden Tag vor die Haustüre! 


Deshalb werden auch die Zuckerwerte zuhause meist nicht ganz so gut wie auf der REHA sein. Und deshalb ist die Beratung knapp nach der REHA so wichtig. 


Ziel ist: einen möglichst großen Teil der positiven Veränderungen mit ins Alltagleben zu nehmen. Dabei realistisch bleiben: Wenn statt 3 Tabletten nur mehr eine genommen werden soll und wenn damit die Zuckerwerte ansteigen: vielleicht geht’s ja mit 2, immerhin noch immer deutlich weniger als die 3 davor?


Wenn Basal-Insulin und BE-Faktoren um 40 % geringer sind als vor der Reha – vielleicht ist 20 % weniger als vorher genau das Richtige? 


Wenn man auf der REHA täglich über 2 Stunden Bewegung hatte: Vielleicht geht sich die eine Stunde fünfmal die Woche ja doch aus? 


Wenn die Zeit nach der REHA als Zeit begriffen wird, die noch zur REHA dazugehört, wenn Ergebnisse und Erfahrungen besprochen, realistische Ziele gesetzt, die Therapie ein bisschen ans Alltagsleben angepasst wird: Dann, nur dann kann eine REHA langfristige Erfolge bringen.  


Dann gibt es sensationelle Veränderungen: 


Frau M. nimmt im nächsten Jahr 13 kg Gewicht ab, sie hat das Nordic Walking für sich entdeckt und geht täglich ihre Runde. Sie fühlt sich 10 Jahre jünger und ist einfach glücklich.


Herr S. braucht deutlich weniger Insulin als vor der Reha – wenn auch nicht so wenig wie auf der REHA. Seine Zuckerwerte sind viel stabiler – ob das daran liegt, dass er mehr auf die BE achtet und hin und wieder Tabelle und Waage zu Rate zieht?


Herr K. hat auf der REHA wegen seiner extrem hohen Werte mit Insulin spät abends zusätzlich zu seinen 5 Diabetes-Tabletten angefangen. Er hat erlebt, wie gut er sich mit Insulin fühlt. „Das geb ich nie wieder her!“ Seine Tabletten konnte er auf 2 Metformin reduzieren.


Den REHA-Effekt in den Alltag mitnehmen: Darum geht´s, und genau DAS bringt Langzeit-Erfolge!

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