Page 25 - Mein Leben, Ausgabe 3 2021
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viele Angehörige beginnt deshalb bereits jetzt ein Trauer- oder Verabschiedungsprozess. Es gilt den Fokus auf den gelebten Moment, auf die Gegen-
wart zu lenken.
Eine Demenzerkrankung kann bis zu 20 Jahre dauern. Der sorgsame und achtsame Umgang mit den eigenen Ressourcen und Kräften als pflegender Angehöriger ist sehr wichtig. Auszeiten, in denen man sich bewusst für sich selbst Zeit nimmt, um seine eigenen „Batterien auf-
zuladen“, sind notwendig.
Auch wenn das eigene Familiennetzwerk für die Betreu- ung und Pflege des Menschen mit Demenz gut funktio- niert, ist eine externe Unterstützung und Hilfestellung für Menschen mit Demenz und deren Angehörige vorteilhaft. Eine rechtzeitige Suche nach Entlastungsmöglichkeiten kann einer späteren Überforderung entgegenwirken.
Pflegende Angehörige leisten einen enormen gesell- schaftlichen Beitrag und dürfen nicht allein gelassen wer- den. Ihnen gebührt Wertschätzung, Anerkennung, Res- pekt und gerechte Entlohnung.
ML: Was ist ein MAS-Demenztraining? Wie kann ich mir ein solches vorstellen?
Alice Kroboth: Das MAS-Demenztraining (MAS – Morbus-Alzheimer-Syndrom) ist ein ganzheitliches Trainingskonzept. Es bietet Personen, die mit Demenz leben, die Möglichkeit, stadienspezifisches Training im Einzel- und/oder Gruppensetting zu erfahren. Je nach Tagesverfassung der betroffenen Person dauert eine Trainingseinheit ca. 60–90 Minuten.
Aus der Kombination einer medizinischen Behandlung mit komplementären Pflegemethoden und psychosozialer Interventionen wie dem MAS-Training kann eine deutli- che Verbesserung der Gesamtsituation erreicht werden.
DAS MAS-TRAINING BESTEHT AUS FOLGENDEN 5 GRUNDSÄULEN
n Körperliches Training – Sturzprophylaxe:
Der Fokus liegt auf Beweglichkeit, Ausdauer, Kraft, Gleichgewicht und Koordination.
n Gedächtnistraining:
Gefördert werden Konzentration, Langzeitgedächtnis, Kurzzeitgedächtnis, Wortfindung und Orientierung.
n Wahrnehmungstraining:
Sehen, Hören, Tasten, Riechen, Schmecken – über diese Sinne werden bewusste und unbewusste Reize wahrgenommen und verarbeitet.
n Training der Aktivitäten des täglichen Lebens: Das Hauptaugenmerk liegt auf der Wiederholung der Tätigkeiten, die notwendig sind, um den Alltag mög- lichst lange allein meistern zu können (z. B. Telefonie- ren, Einkaufen ...)
n Spiele und kreatives Gestalten:
Verschiedene Hirnbereiche werden dabei in gleicher Weise aktiviert. Es erfolgt eine Förderung der Kon- zentration, der Feinmotorik und der Koordination. Freude, Spaß und Humor am Tun sowie die gemein- same Beschäftigung stehen dabei im Vordergrund.
Die einzelnen MAS-Trainings werden nach persönlicher Lebensgeschichte, vorhandenen Ressourcen, Bedürfnis- sen und Schweregrad der Erkrankung erstellt. Jeder Be- troffene wird als Individuum und in seiner Ganzheitlich- keit betrachtet, da-her ist jedes Training anders.
ZIELE DES MAS-TRAININGS
n Vorhandene Fähigkeiten und Fertigkeiten sollen mög- lichst lange aufrechterhalten werden.
n Aktivierung des Gedächtnisses und Förderung von Alltagskompetenzen
n Verzögerung des Krankheitsverlaufes
n Stärkung des Selbstwertes und Förderung der Selbst-
ständigkeit, Mobilität, Koordination und Motorik n demenzsensibler Umgang im Familiensystem
n Freude und Spaß im Leben
ML: Was wird in Entlastungsgesprächen behandelt?
Alice Kroboth: Manche Verhaltensweisen und -formen von demenzerkrankten Menschen sind für deren Ange- hörige und für das soziale Umfeld oftmals herausfor- dernd und schwer nachvollziehbar.
Die neuen veränderten Lebenssituationen können schnell zu einer Überforderung führen. Pflegende Angehörige sind aufgrund von körperlichen und psychosozialen Be- lastungen besonders gefährdet, in depressive Stimmun- gen zu verfallen und sich gesundheitlich zu verausgaben. In den Entlastungsgesprächen und Beratungen ist es wichtig, ihre individuellen Bedürfnisse und Anliegen zu erkennen, auf diese verständnisvoll und wertschätzend
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