Hypo!

Er ist ein ständiger Begleiter, der immer eine Handbreite hinter uns steht. Wir alle kennen ihn, er kommt zu den unpassendsten Zeitpunkten, als würde er ganz genau wissen, wann er uns richtig den Tag vermiesen kann oder uns am besten Probleme einhandeln kann.


Die Rede ist vom Hypo.


Dieser Zeitpunkt, wenn das Gehirn mit Zucker unterversorgt ist, die Sprache schleppend und langsam wird, die Welt um einen herum weniger Sinn ergibt und der Heißhunger immer größer wird.


Wie oft hat er mich bei einer mündlichen Prüfung überrascht und nichts anderes von mir übrig gelassen als ein dahingestammeltes kleines Etwas, das versucht hat, mit zitternden Händen in seiner Hosentasche ein Stück Traubenzucker zu finden, um vielleicht noch irgendwie aus dieser Situation halbwegs unbeschadet herauszukommen. Beim Sport etwa, gerade wenn es am wichtigsten war, nicht mehr die mögliche Kraft zu haben und sich wie ein zähes Gummiband zu fühlen, das jede Spannung verloren hat, oder wie es auch bei mir oft ist, einfach nur bunte schwarze Flecken vor Augen zu haben und sich somit irgendwo am Rand hinzusetzen, was eindeutig auch besser und gesünder für alle Beteiligten und einen selbst ist.


Wie oft habe ich mich beim Pizzaessen verschätzt oder zu viel abgegeben, um mich eineinhalb Stunden später mit purem Himbeersirup löffelweise wiederhergestellt zu haben! Nächte vor wichtigen Tagen, die ich schweißgebadet im Schein des Kühlschranklichtes auf den kalten Fliesen sitzend verbracht habe und unkontrollierbar alles Essbare in mich hinein geschaufelt habe. In dieser Situation erscheint es einem ja dann am besten, so viel wie möglich in sich hinein zu stopfen, damit endlich dieses Gefühl von Panik, Angst und Enge mit einem Hauch von Desorientierung ein Ende hat.


Zeit ist relativ, wie Albert Einstein einst sagte, und somit glaubt man auch, dass diese Unterzuckerung mit all ihren Facetten ewig dauert. In Wirklichkeit hat man gerade fünf Minuten gewartet und während dieser Zeit einen Haufen von Süßigkeiten inhaliert, die sich nach kurzer Zeit unkontrollierbar auf den Blutzucker auswirken.


Einmal war ich als junger Knirps mit meiner Mutter auf einem Tagesausflug in Ungarn. Das war einer dieser besonderen Tage, an denen wir miteinander Zeit verbringen konnten, etwas shoppen gingen und viel Spaß hatten. Gegen Ende gingen wir immer in einen Supermarkt einkaufen, und genau da geschah es: Dieser alte Bekannte kam auf einen spontanen Besuch vorbei. Ich war innerhalb von kürzester Zeit unzurechnungsfähig und mit einem Heißhunger auf Pudding zwischen den Regalen verschwunden. Als mich meine Mutter fand und fragte, warum ich noch nichts Süßes zu mir genommen hatte, war meine einzige Antwort: „Ich suche einen Löffel, weil ohne kann ich den Pudding nicht essen.“ Ich drehte mich um, bereit, meine Suche fortzusetzen. Sie unterbrach diese Odyssee mit einem strengen „Stopp und trink diesen Saft jetzt.“ 10 Minuten später war ich ihr dankbar, doch davor war ich einfach nur wütend, dass sie mich diesen Löffel nicht suchen hat lassen.


Lange habe ich mich mit einem Freund, der auch Diabetiker ist, darüber unterhalten, welche positiven Punkte man über eine Unterzuckerung sagen könnte. Wir haben darüber sinniert, philosophiert und uns gegenseitig Geschichten über unsere Hypo-Erfahrungen erzählt, und auf einmal war ein ganzer Nachmittag vergangen.

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John Doe

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