Wie sag' ich es denn bloß?

Igor wird im Herbst mit der Oberstufe in eine neue Schule wechseln. Dort kennt er noch niemanden. Igor hat seit sechs Jahren Typ-1-Diabetes (T1D), und bis jetzt wussten immer alle in seiner Klasse darüber Bescheid, und das war auch gut so, denn so konnte Igor ganz ohne Bedenken mit zur Klassenfahrt. Beim letzten Besuch in der Diabetesambulanz hat die Ärztin das Thema „Diabetes und neue Schule“ angesprochen. Igor und seine Eltern haben gemeinsam mit der Ärztin und auch zu Hause darüber nachgedacht, wie und wem er gerne von seinem Diabetes erzählen will.


Igor und seine Familie kam zu folgenden Möglichkeiten: 


1. mit dem Klassenvorstand absprechen, 

2. im Biologieunterricht ein kurzes Referat über Diabetes halten, 

3. im Deutschunterricht ein Gedicht zu Diabetes schreiben und vortragen, 

4. im Musikunterricht einen Rap dazu schreiben, 

5. einen Film zur Erklärung von Diabetes bei Jugendlichen herzeigen und Fragen der MitschülerInnen beantworten, 

6. neben dem Klassenvorstand auch die SitznachbarInnen und FreundInnen informieren. Igor und seine Familie sind sich einig darüber, dass sie gute Ideen hatten, die sicher noch erweiterbar sind. Nun liegt es an Igor, welche Variante er wählt.


T1D kann bei den Herausforderungen des Teenagerdaseins eine zusätzliche Aufgabenstellung bedeuten. Das Meistern des Schullebens, das Knüpfen neuer Freundschaften, das Erkunden der eigenen Vorstellungen vom Leben und die Bewältigung neuer sozialer Situationen in der Gleichaltrigengruppe stellen eine Vielfalt an Anforderungen dar und, damit noch nicht genug – dazu kommt noch T1D mit allem Drum und Dran! 


Höchstwahrscheinlich wird es keine große Sache sein, wenn Jugendliche ihren Freunden erzählen, dass Sie Diabetes haben ... und die Freunde werden den offenen Umgang wahrscheinlich zu schätzen wissen! 


Aber da Diabetes eine private Angelegenheit ist, bleibt es eine individuelle Entscheidung, wann, wem (und ob) man anderen davon erzählt. Im Laufe des Lebens mit Diabetes werden einige Entscheidungen zum Umgang mit dem Diabetes aufkommen, und diese ist eine davon!


Menschen wissen lassen, wie sie in Notfällen helfen können.


Als Grundregel für die Entscheidung, wen man über Typ-1-Diabetes informieren sollte, kann folgende Überlegung herangezogen werden: 


Ein Hauptgrund, andere über Typ-1-Diabetes zu informieren, ist, dass sie in eventuellen Notsituationen hilfreiche Maßnahmen ergreifen können. Dies ist besonders wichtig, wenn Jugendliche z. B. in einer Sportmannschaft sind (z. B. auch Turnunterricht in der Schule). TrainerInnen, MannschaftskollegInnen und FreundInnen sollten in diesem Fall wissen, wie sie die Symptome einer Unterzuckerung erkennen und behandeln können, falls der/die Betroffene nicht in der Lage ist, sich selbst zu behandeln. Einfache Anweisungen sind dabei am sinnvollsten. Gleiches gilt für Jugendliche, die beim Ausgehen alkoholische Getränke konsumieren.


Es ist auch sehr wichtig, immer ein medizinisches Identifikationsarmband oder eine Halskette zu tragen, auf dem/der der Name, der Typ-1-Diabetes und eine Notfallnummer vermerkt sind.


Niemandem vom Diabetes zu erzählen bedeutet zumeist, dass im Umfeld Fantasien darüber entstehen, was der/die Betroffene mit dem Pen/derPumpe/dem Messgerät macht. Solche Situationen können zu großen Belastungen werden und sind oft schwer wieder aufzulösen. Etwas von sich verstecken zu wollen ist sehr unangenehm und bringt viele Abstriche auf Kosten der Diabetesbehandlung mit sich (z. B. für die Jause kein Insulin abzugeben, damit niemand etwas merkt). Und das schlechte Gewissen sowie der Frust über die vorprogrammierten Misserfolge mit der Diabetesbehandlung drücken zusätzlich auf die Stimmung. 


Viel besser fahren Jugendliche mit einer selbstbewussten Einstellung im Sinne von „Diabetes ist ein Teil von mir – na und?“ oder „Ich manage den Diabetes und nicht der Diabetes mich“. Erwachsen werden bedeutet auch, immer besser zu sich stehen zu können, mit allen Facetten.


Andere wissen lassen, wie es sich anfühlt, mit Typ-1-Diabetes zu leben.


Die wichtigen Menschen im Leben von Jugendlichen mit T1D, seien es Freunde, Familie oder LiebespartnerInnen, verstehen oft nicht, wie es ist, mit Diabetes zu leben.


Aber wenn Jugendliche andere Menschen über ihren T1D aufklären – darüber, was genau Typ-1-Diabetes ist, wie sie damit umgehen (z. B. Blutzucker messen, Insulin zuführen, Kohlenhydrate berechnen usw.), über Anzeichen von niedrigem Blutzucker und darüber, was in einem Notfall zu tun ist – können sich die Menschen im Umfeld unterstützend verhalten. Es geht auch darum, Freunden und Freundinnen zu versichern, dass T1D-Betroffene zwar herausfinden müssen, wie sie mit ihrem Diabetes in verschiedenen Situationen umgehen, dass der Diabetes sie aber nicht davon abhalten sollte, etwas zu tun, was sie tun (oder essen) wollen. Es kann sein, dass sich die Menschen im unmittelbaren Umfeld wohler fühlen, wenn die Diabetes-Behandlung in ihrer Nähe erledigt wird. Obwohl Diabetes immer wieder auch eine Belastung sein kann, sollte dessen Behandlung nicht vergessen werden, nur weil Zeit mit Freunden verbracht wird.


Mit Liebespartner/Innen sprechen


In einer Liebesbeziehung wird das Thema „Diabetes“ früher oder später zwangsläufig aufkommen. Es ist immer eine individuelle Entscheidung, wie und wann an die Information zum Bestehen des Typ-1-Diabetes herangegangen wird. Wird das Thema beim ersten Date angesprochen, oder wird abgewartet, bis man sich etwas besser kennt? Jedenfalls ist es nicht nötig, Diabetes zu verbergen – jeder Mensch mit Typ-1-Diabetes ist so viel mehr als nur sein T1D. 


 Obwohl sich niemand für ein Leben mit Typ-1-Diabetes entscheidet und sich die meisten Jugendlichen wünschen würden, der Diabetes würde über Nacht verschwinden oder sie könnten darauf vergessen, müssen sie dennoch ihren Alltag damit meistern. Gleichzeitig jonglieren Jugendliche mit Schularbeiten, Sport, Aktivitäten im Freundeskreis, Verabredungen, intimen Beziehungen usw. Anderen Menschen vom T1D zu erzählen kann dabei helfen, den Diabetes in den eigenen Lebensstil einzupassen, anstatt das Leben um den Diabetes herum zu führen (Verstecken oder Unterlassen von Diabetesbehandlung etc.). 


Unterstützung für den T1D erhalten 


Ein Gespräch mit der Familie und den Freunden kann hilfreich sein, um zufriedenstellende Unterstützung zu bekommen. Familie und Freunde werden oftmals helfen und unterstützen wollen. Daher ist es wichtig, zu klären, was der/die Betroffene braucht (anstatt andere raten oder etwas tun zu lassen, was unbeabsichtigterweise nicht hilfreich ist). So kann es z. B. manchmal vorkommen, dass Elternteile in guter Absicht die Klasse ihres jugendlichen Kindes über Typ-1-Diabetes informieren und dies die persönliche Integrität des/der Betroffenen bedeutend verletzt.


Je nach den Beziehungen in der Familie und zu den Freunden kann es manchmal schwierig sein, Gehör zu finden und/oder die eigenen Standpunkte zu vermitteln. In diesem Falle kann es hilfreich sein, sich an Vertrauenspersonen innerhalb des betreuenden medizinischen Diabetesteams zu wenden. 


Hilfreich ist auch, mit anderen betroffenen Menschen zu sprechen. Denn es gibt immerhin eine Gemeinsamkeit, die verbindet: die vielen Themen, die mit Diabetes mellitus Typ 1 zu tun haben und von denen Nichtbetroffene, auch wenn es gute Freunde, Geschwister oder andere nahe Menschen sind, kaum etwas nachvollziehen können.


Die meisten Jugendlichen erleben es als entspannend, nicht der oder die Einzige zu sein, die sich mit Diabetesfragen herumschlägt. Diabetescamps, Jugendgruppen oder auch Online-Foren können gute Möglichkeiten sein, sich mit anderen betroffenen Jugendlichen auszutauschen, die genau wissen, wie sich Diabetes anfühlt. Gemeinsam darüber reden, schimpfen und lachen ist manchmal die beste Unterstützung. 

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