Zuckeralternativen im Vergleich
Die Vorliebe für den süßen Geschmack wird uns in die Wiege gelegt. Heutzutage haben wir im Vergleich zu früher nahezu unbegrenzten Zugang zu Zucker sowie zuckerhaltigen Lebensmitteln und Getränken. Süßen Genuss ohne schlechtes Gewissen und gesundheitliche Folgen versprechen verschiedene andere Produkte am Markt. Das vorsorgemedizinische Institut SIPCAN hat eine Auswahl der süßen Alternativen genauer unter die Lupe genommen.
Agavendicksaft
Für die Herstellung von Agavendicksaft wird der Saft von mexikanischen Agaven eingekocht. Der Kaloriengehalt von Agavendicksaft ist ähnlich wie der von Honig und somit nicht viel geringer als der von gewöhnlichem Haushaltszucker. Zwar hat Agavendicksaft eine höhere Süßkraft als Zucker und einen niedrigeren glykämischen Index, bewirkt also einen geringeren Blutzuckeranstieg, allerdings liegt das vor allem am hohen Fruktosegehalt des Sirups. Da in wissenschaftlichen Studien Fruktose schon des Öfteren mit der Entstehung von Lebererkrankungen und verschiedenen Stoffwechselstörungen in Verbindung gebracht wurde, kann Agavendicksaft nicht wirklich als „gesunde Zuckeralternative“ empfohlen werden.
Reissirup
Reissirup enthält im Gegensatz zu Agavendicksaft keine Fruktose, sondern besteht aus Glukose, Maltose und sogenannten Oligosacchariden. Der relativ hohe Gehalt an Oligosacchariden bewirkt einen langsameren Blutzuckeranstieg, was besonders für Diabetiker von Vorteil sein kann. Für die Herstellung von Reissirup wird Reis gemahlen, mit Wasser und Enzymen gemischt und erwärmt. Nachdem die im Reis enthaltene Stärke von den Enzymen in Zucker aufgespalten wurde, wird die Flüssigkeit zu Sirup eingekocht. Reissirup enthält zwar weniger Kalorien als Haushaltszucker, es ist dafür allerdings auch die Süßkraft im Vergleich deutlich geringer, weshalb in der Praxis auch Reissirup keine wirklich günstigere Alternative ist.
Kokosblütenzucker
Kokosblütenzucker wird, wie der Name vermuten lässt, aus den Blüten der Kokospalme gewonnen. Der Nektar wird von Hand geerntet und anschließend eingekocht oder mit einem Vakuum-Dampfkocher bearbeitet bis er auskristallisiert. Durch die aufwendige Herstellung ist Kokosblütenzucker relativ teuer und gilt als Luxusprodukt. Der Geschmack ist leicht malzig und weniger süß als Haushaltszucker. Häufig wird er mit dem hohen Gehalt an Mineralstoffen und Vitaminen beworben. Man müsste allerdings sehr große Mengen verzehren, um eine wirklich nennenswerte Zufuhr an wichtigen Mikronährstoffen zu erreichen. Da der Kaloriengehalt von Kokosblütenzucker ungefähr jenem von Haushaltszucker entspricht, ist ein so hoher Konsum jedoch nicht sinnvoll und damit Kokosblütenzucker nicht wirklich gesünder als Haushaltszucker aus Zuckerrüben oder Zuckerrohr.
Stevia
Die seit 2011 als Süßungsmittel zugelassenen Steviolglykoside werden durch einen chemischen Prozess aus den Blättern der Steviapflanze gelöst. Die Süßkraft von Steviolglykosiden ist um ein Vielfaches höher als die von Haushaltszucker. Außerdem liefert Stevia kaum Kalorien, lässt den Blutzucker nicht ansteigen und wirkt nicht kariogen. Der größte Nachteil von Stevia ist wahrscheinlich der bittere Geschmack, der vielen Konsumenten nicht zusagt. Um einen angenehmeren Geschmack zu erzielen, wird Produkten, die laut Etikett mit Stevia gesüßt sind, häufig ein beachtlicher Anteil an Zucker zugesetzt. Deshalb ist es wie immer wichtig, auf die Nährwertkennzeichnung zu achten.
Xylit
Xylit, besser bekannt als Birkenzucker, gehört zu der Gruppe der Zuckeralkohole. In den meisten Fällen wird Xylit entweder aus Birken- und Buchenrinde oder Maiskolben gewonnen. Xylit sieht aus wie gewöhnlicher Haushaltszucker und hat die gleiche Süßkraft. Im Vergleich hat Birkenzucker jedoch 40 % weniger Kalorien und einen niedrigeren glykämischen Index. Da Xylit antikariogen, also karieshemmend, wirkt, kommt es besonders für die Herstellung von Kaugummi, Zahnpasta und Mundspülungen gerne zum Einsatz. Gegen den Einsatz von Birkenzucker spricht vor allem, dass es bei der Aufnahme von größeren Mengen zu Verdauungsbeschwerden kommen kann.
Erythrit
Erythrit zählt, wie Xylit, ebenfalls zu den Zuckeralkoholen. Allerdings enthält Erythrit im Gegensatz zu Xylit gar keine Kalorien und wirkt nicht abführend, da es bereits im Dünndarm aufgenommen wird. Die industrielle Herstellung erfolgt über die Fermentation von Glukose aus Weizen- oder Maisstärke. Erythrit, das im Supermarkt beispielsweise unter dem Namen Sukrin erhältlich ist, sieht aus wie Zucker, hat jedoch eine etwas geringere Süßkraft und keine nachteilige Auswirkung auf den Blutzuckerspiegel. Da es noch keine ausreichenden wissenschaftlichen Langzeitstudien gibt, kann jedoch auch Erythrit nicht bedenkenlos empfohlen werden.
Fazit
Viele, die sich gesünder ernähren wollen, greifen zum Süßen auf vermeintlich „gesündere“ Alternativen zurück. Allerdings ist dabei vielen nicht bewusst, dass Varianten wie Agavendicksaft, Reissirup oder Kokosblütenzucker im Grunde genommen auch Zuckerarten sind und unnötige Kalorien liefern. Deshalb sollten auch diese Produkte nur in Maßen konsumiert werden.
Auch kalorienärmere bzw. -freie Zuckeralternativen wie Stevia, Xylit oder Erythrit sollten nicht uneingeschränkt verwendet werden. Zum einen, weil es zum jetzigen Zeitpunkt noch zu wenig wissenschaftliche Langzeitstudien über die gesundheitlichen Auswirkungen gibt und zum anderen, weil ein Umstieg von Zucker auf ein gleich süß schmeckendes Produkt trotzdem keine Gewöhnung an einen weniger süßen Geschmack bewirkt.
Aus ernährungsphysiologischer Sicht scheint es daher langfristig am sinnvollsten, sich das Verlangen nach Süßem schrittweise abzugewöhnen, indem der Konsum von Zucker sowie in jeglicher Art gesüßten Speisen und Getränken generell reduziert wird.

Prim. Dr. Christian Schelkshorn
seit 40 Jahren Typ-1-Betroffener
seit 24 Jahren Internist und Diabetologe