Es ist jetzt bereits mehrmals das Wort „Dokumentation“ in meinen Ausführungen gefallen. Das ist ganz bewusst erfolgt, da nur dokumentierte Werte, egal ob schriftlich oder elektronisch, letztendlich für unsere Therapieentscheidungen hilfreich und nützlich sein können. Damit verbunden sei an dieser Stelle das von mir besonders geschätzte System der MY SUGR APP am Handy erwähnt. Mit dieser unterstützenden Hilfe habe ich meine BZ-Doku ständig mit mir und muss nicht nachträglich BZ-Werte in meinem Tagebuch ergänzen.
Zusammenfassend möchte ich daher nochmals betonen: Die Zeit der ausschließlichen Nüchtern-Messungen muss der Vergangenheit angehören und durch eine strukturierte Erstellung von individuellen BZ-Profilen ersetzt werden. Ich bitte alle Betroffenen, diese Profile ihren behandelnden Ärzten regelmäßig vorzulegen und bei Bedarf ebenso regelmäßig zu diskutieren.
Sobald ein Diabetiker allerdings Insulin in sein Therapiekonzept aufgenommen hat, verändert sich der Blickwinkel. Durch die Einbindung von Insulin können wir als Betroffene ganz aktiv auch in die Dosisgestaltung eingreifen und – eine gute Einschulung vorausgesetzt – auch im Alltag umsetzen.
Wenn einem Patienten daher eine unterstützende Basalinsulin-Therapie (BOT) verordnet wurde, müssen wir regelmäßig die Nüchtern-BZ-Werte kontrollieren, um die Dosis optimal an die Alltagsbedingungen zu Hause anpassen zu können. Gewiss ist es in vielen Fällen nicht notwendig, täglich den Nüchtern-Wert zu kontrollieren. Allerdings sollte diesbezüglich schon mehrmals die Woche in Kombination mit zumindest einem Tagesprofil eine Kontrolle und Dokumentation erfolgen.
Wenn bei diesem Therapiemodell oft unregelmäßige körperliche Mehrbelastungen (egal ob Garten, Haushalt oder Sport) Teil des Alltags sind, ist auch die Durchführung einer SICHERHEITSMESSUNG vor dem Zu-Bett-Gehen hinsichtlich nächtlicher HYPOVORSORGE von großer Wichtigkeit.
Für alle diese Therapien ist die bisher noch klassische BZ-Kontrolle mit kleinen, beinahe schmerzfreien Stichen (die Lanzetten sollten immer gewechselt werden – sie sind Einmalprodukte) die in unserem Gesundheitssystem von den Krankenkassen zur Verfügung gestellte und unterstütze Strategie. Dabei gibt es je nach verordneter Therapie eine genaue Zahl der für die Eigenkontrolle vorgesehenen Testmaterialien (Streifen und Lanzetten). Natürlich kann bei vorübergehendem Mehrbedarf schriftlich um eine passagere Aufstockung der Zuteilung angesucht werden, der auch bei ausreichender und klar dargelegter Begründung in der Regel stattgegeben wird.
Allerdings ist dies für eine tägliche Nüchtern-BZ-Kontrolle bei einem Diabetiker mit 1 oder 2 Tabletten Metformin/Tag nur sehr schwer bis gar nicht zu begründen. Je komplexer und differenzierter die Insulintherapie wird (das betrifft vor allem die Einbindung von Mahlzeiten und Korrektur-Insulin, welches individuell dosiert werden muss), umso komplexer wird die erforderliche BZ-Selbstkontrolle. Dabei sind oft mindestens 6 bis 8, passager aber auch bis zu 12 BZ-Kontrollen erforderlich. Damit verbunden hat die Einführung der beiden obengenannten Sensor-Systeme der kontinuierlichen Blutzuckermessung sicher eine neue Ära des BZ-Managements eingeläutet.
Wir haben derzeit bereits eine Vielzahl von unterschiedlichen Sensor-Systemen in Verwendung, und jedes davon hat seine Vor- und Nachteile. Vorerst müssen wir von 2 grundsätzlich unterschiedlichen Systemen sprechen. Das eine, „FGM“ genannt, bedarf einer aktiven Messung durch den Betroffenen (SCANNEN) mit dem FS Libre Messsystem. Das CGM System stellt die WERTE kontinuierlich dar, entweder auf dem dafür zur Verfügung gestellten Ablesegerät (aber auch auf dem Handy) oder auf einer mit diesem Handy verbundenen Armbanduhr. Damit verbunden ist vor allem auch das aktuell sicher beste Sicherheitsnetz für Unterzuckerungen, aber auch BZ-Entgleisungen nach oben: ein automatisiertes und individuell einzustellendes Warnsystem.
Aktuell steht uns diese Warnfunktion nur bei CGM Systemen zur Verfügung; allerdings gibt es in Österreich auch bereits das warnende „FS Libre 2“-Gerät zu kaufen, es wird allerdings noch nicht von den Krankenkassen hinsichtlich der Kosten übernommen. Diese Geräte unterstützen das Alltagsleben unserer Diabetiker. Sie haben das Management des sich kontinuierlich in Bewegung befindlichen BZ-Verlaufes deutlich erleichtert. Die Fragen, die sich uns Diabetologen, aber auch jedem Betroffenen stellen, sind gewiss folgende: Wie gehe ich mit diesen Systemen in der Alltagspraxis um? Worauf muss ich achten? Welche Werte oder Funktionen sind für mich persönlich von Bedeutung?
Darauf möchte ich in der nächsten Ausgabe dieses Heftes im Detail Bezug nehmen und hoffe aber bereits jetzt, dass durch eine strukturiertere Messrhythmik mehr gezielte Infos für unsere gemeinsame Therapiegestaltung möglich sind und wir damit verbunden das Ergebnis unserer Stoffwechseleinstellung verbessern können.