Befristung von Führerscheinen

Frage: Ich bin Diabetiker und habe einen Führerschein der Klasse B. Dieser wird mir jeweils nur für ein Jahr befristet ausgestellt, und ich habe ich die Auflage, vierteljährlich nachzuweisen, dass ich mich bei meinem Internisten einer Kontrolluntersuchung unterzogen habe. Mein Diabetes ist gut eingestellt, und ich habe auch sonst keine gesundheitlichen Probleme. Ist die Befristung des Führerscheins mit lediglich einem Jahr gesetzlich geregelt?

 

Zunächst ist anzumerken, dass seit der mit 01. 10. 2011 in Kraft getretenen Änderung der Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung (FSG-GV) Führerscheine von Diabetikern nur mehr befristet ausgestellt werden können.

 

Die Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung wiederum regelt, dass Diabetikern eine Lenkberechtigung nur nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme erteilt oder belassen werden darf (§ 11 [1] FSG-GV) und dass Diabetiker, die mit Insulin oder bestimmten Tabletten behandelt werden müssen, eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 (das sind Kraftfahrzeuge der Klassen AM, A [A1, A2], B, BE und F) nur für einen Zeitraum von höchstens fünf Jahren unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen und amtsärztlicher Nachuntersuchungen erteilt oder belassen werden darf.

 

Die Befristung des Führerscheins mit einem Jahr ergibt sich in dieser Form jedoch nicht aus dem Gesetz. Vielmehr regelt die Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung lediglich die maximal zulässige Dauer der Befristung. Sie kennt jedoch keine Untergrenze. Die Behörde kann die Befristung daher im Rahmen von null bis fünf Jahren nach eigenem Ermessen festlegen. Dieses Ermessen darf sie jedoch nicht willkürlich ausüben. Vielmehr unterliegt die Führerscheinbehörde bei der Festsetzung der Befristung einem so genannten „gebundenen Ermessen“. Eine Erteilung des Führerscheins ohne Auflage der Kontrolluntersuchung ist jedoch bei Diabetikern, die mit Insulin oder bestimmten Tabletten behandelt werden, nicht zulässig. Auch hier gilt aber, dass die Frequenz der vorgeschriebenen Kontrolluntersuchung im Ermessen der Behörde liegt.

 

Bereits vor Einführung der zwingenden Befristung von Führerscheinen für Diabetiker hatte sich der Verwaltungsgerichtshof mit der Befristung von Lenkberechtigungen auseinandergesetzt. Er hat in diesem Zusammenhang ausgesprochen, dass allein die Tatsache, dass eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes möglich ist bzw. nicht ausgeschlossen werden kann, als Begründung für eine Befristung nicht ausreicht. Selbst der Umstand, dass es sich um eine Erkrankung mit grundsätzlich progredientem Verlauf handelt, war für das Höchstgericht nicht ausreichend, da eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes im Zeitverlauf bei niemandem ausgeschlossen werden kann. Eine Befristung „vorsichtshalber“ ist laut Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

 

Für die Vornahme einer Befristung bedarf es laut Höchstgericht vielmehr konkreter, auf einem ärztlichen Sachverständigengutachten beruhender Feststellungen darüber, dass die gesundheitliche Eignung für eine bestimmte Zeit vorhanden ist, dass aber eine gesundheitliche Beeinträchtigung besteht, bei der aufgrund ihrer Art damit zu rechnen ist, dass nach Ablauf der von der Behörde angenommenen Zeit mit einer Verschlechterung gerechnet werden muss, die eine Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ausschließt oder in relevantem Ausmaß einschränkt. Für eine Befristung von weniger als fünf Jahren müsste sich daher aus dem Gutachten ergeben, dass mit einer Verschlechterung innerhalb kürzerer Zeit zu rechnen ist. Nur dann ist eine Befristung von weniger als fünf Jahren zulässig.

 

In diesem Zusammenhang ist nunmehr auch die von der Deutschen Diabetes Gesellschaft im Jahr 2017 herausgegebene Leitlinie (S2e-Leitlinie Diabetes und Straßenverkehr) beachtlich. Diese Leitlinie bewertet erstmals in Europa auf wissenschaftlich fundierter Grundlage die Fahrtauglichkeit von Diabetikern. 

 

Wie in dieser Leitlinie dargestellt wird, ist die Unfallhäufigkeit von Menschen mit Diabetes nur unwesentlich erhöht. Die Deutsche Diabetes Gesellschaft gelangt in ihrer Leitlinie zum Ergebnis, dass die Mehrheit der Menschen mit Diabetes die Voraussetzungen zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 und 2 erfüllt, so dass ein allgemeines Fahrverbot dem Recht auf persönliche Entfaltung widersprechen würde. Eine pauschale Beurteilung aufgrund der Diagnose Diabetes ist laut dieser Leitlinie nicht zulässig. Auch ein hoher HbA1c-Wert an sich ist danach kein Grund für ein Fahrverbot. Wichtige Gründe, die Fahreignung zu verlieren, sind hingegen eine unbehandelte Schlaf-Apnoe oder wiederholte schwere Unterzuckerungen.

 

Bei einem gut eingestellten Diabetes ohne weiteren gesundheitlichen Problemen gibt es daher keinen Grund für eine Befristung von weniger als fünf Jahren.

 

Sollte die Behörde dennoch einen Führerschein mit einer geringeren Befristung ausstellen, kann diese Befristung bekämpft werden. Dazu muss zunächst bei der Führerscheinbehörde die Ausstellung eines Bescheides beantragt werden. Dieser Bescheid kann sodann mit Beschwerde bekämpft werden. 

Mag. Karlheinz Amann

Von 1998 bis 2006 zunächst als juristischer Mitarbeiter und ab 2001 als Rechtsanwaltsanwärter in einer Wiener Anwaltskanzlei beschäftigt. Einen Teil seiner Gerichtspraxis hat er beim Arbeits- und Sozialgericht Wien verbracht. Seit dem Jahr 2006 ist er als selbständiger Rechtsanwalt in Wien unter anderem mit den Schwerpunkten Patientenrecht, Sozial- und Sozialversicherungsrecht tätig.

Auch oft gelesen:

Artikel teilen

Mein Leben plus

Verpassen Sie nichts. Melden Sie sich noch heute zu unserem Newsletter an!