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Mein innerer Schweinehund und ich machen Urlaub!

Ich bin kein Reisemuffel. Wirklich nicht. Ich verreise sogar ausgesprochen gern – wenn es mich nicht zu weit vom eigenen Garten entfernt. Urlaub zu Hause, im Liegestuhl, mit dem Dackel neben mir und einem guten Buch auf dem Bauch – oder umgekehrt –, das ist für mich die Krönung der Erholung. Leider bin ich mit dieser Meinung ziemlich allein. Denn die liebe Frau hält Gartenschlauch statt sanfter Meereswellen, Kugelgrill statt kuscheliger Osteria und Gartenliege statt gepflegtem Roomservice für keinen echten Urlaub. Und der Dackel – na gut, der sieht das ähnlich wie ich. Aber dessen Meinung zählt in diesem Fall offenbar genauso wenig wie meine.


Also machen wir Urlaub. Richtig Urlaub. Mit Packen, Staus, Sand im Koffer und fremden Betten. Ziel der Reise: Bella Italia. Nicht irgendein Ort – nein, am Meer muss es sein! Da habe ich mich wenigstens durchgesetzt. Ich habe versprochen, nicht zu murren, wenn ich im Gegenzug dort faul sein darf. Die liebe Frau hat sich dieses Versprechen angehört und freundlich gelächelt. „Naturalmente.“ Ich hätte misstrauisch werden sollen. Denn schon bei der Ankunft im Urlaubsdomizil erwartet mich ein DIN-A4-Zettel mit der Aufschrift: „Unser Ferien-
Bewegungsprogramm“. Handschriftlich. Unterzeichnet: „Deine liebe Frau“. Und mit „unser“ ist natürlich nicht sie gemeint. Sondern ich. Und, wie sich herausstellt, auch der Dackel.


Der Dackel, übrigens ein sportlicher Totalverweigerer von Natur aus, sieht mich an, als wolle er sagen: „Das hast du uns eingebrockt!“ Ich zucke mit den Schultern. Ich hätte es wissen müssen.


Tag 1 beginnt noch human: ein Spaziergang am Strand bei Sonnenuntergang. So etwas Romantisches habe ich zuletzt im Kino gesehen – im Sitzen. Tag 2 wird ambitionierter: Morgengymnastik auf der Hotelterrasse. Ich versuche mich dezent hinter einem Oleanderstrauch zu verstecken, aber die liebe Frau zieht mich – und den Dackel – auf die Matte. Der Dackel flätzt sich auf den Rücken, streckt alle vier Pfoten in die Höhe und erwartet, den Bauch gekrault zu bekommen. So könnte ich auch Gymnastik.


Glücklicherweise hat der Urlaub nicht nur sportliche Seiten. Zwischen den sicherlich in gesundheitlicher Hinsicht vorteilhaften – und von der lieben Frau bestimmt gut gemeinten – Urlaubsaktivitäten darf ich gelegentlich auch das tun, was ich als Erholung bezeichnen würde: einen Abstecher in eine gemütliche Trattoria zum Beispiel, in der mir der Kellner nach nur zwei Besuchen schon „Signore Gnocchi“ zuruft. Oder ich gönne mir eine Caffè-Pause mit Aussicht auf das Meer – und auf das Treiben der Promenadenflaniererinnen, deren elegante Erscheinungen und sehr sommerliche Outfits meine Urlaubslaune erheblich steigern. Die liebe Frau nennt das spöttisch „optische Reize“ und überlässt mir großzügig die Promenade, während sie sich in den lokalen Boutiquen „nur kurz umsieht“. Der Dackel und ich genießen derweil die Bank im Halbschatten – er döst, ich beobachte. Beide schweigen wir zustimmend.


Am Tag 3 steht Radfahren auf dem Programmzettel der lieben Frau. In Klammern steht: „E-Bike, keine Ausreden!“ Der Dackel darf mit. Er thront königlich in einem kleinen Lenkerkörbchen, die Schnauze im Fahrtwind. Ich fühle mich nicht königlich, aber immerhin elektrisiert. Nach der Tour gibt es Pizza für alle. Molto bene!


Tag 4: Yoga. Am Strand. Um sieben Uhr morgens. Die Sonne geht über dem Meer auf. Natürlich romantisch. Ich gehe innerlich unter. Der Dackel vergräbt sich bis über den Bauch im Sand und schläft. Eine Option, die ich ebenfalls in Erwägung ziehe, bis mir die liebe Frau zuraunt, dass Gleichgewichtstraining im Alter wichtig sei. Ich sage nichts. Es ist zu früh für Widerworte.


Aber es gibt auch Ausgleich: Nach jeder sportlichen Einheit folgt – zumindest gelegentlich – eine Phase tiefgreifender Regeneration. Sei es in Form einer Pasta mit Muscheln und einem Glas Weißwein oder beim ziellosen Bummeln über die Piazza, wo ich mich gerne in ein Straßencafé setze und mir das bunte Treiben ansehe. Italienerinnen haben ein Talent dafür, selbst beim Bäcker elegant auszusehen. Ich hingegen versuche, unauffällig zu atmen.


Am fünften Tag darf ich selbst entscheiden, was wir machen. Ich schlage „gar nichts“ vor. Die liebe Frau schlägt sanft, aber bestimmt vor, dass wir stattdessen „eine kleine Wanderung in den Hügeln oberhalb des Ortes“ unternehmen. Ich hätte bei „klein“ aufhorchen sollen. Der Dackel muss nach der Hälfte des Weges getragen werden – ich ebenfalls fast.


Tag 6: Schwimmen. Endlich etwas, das nach Urlaub klingt! Ich werfe mich motiviert in die Wellen, bis mich die liebe Frau wieder hinausruft. Wir gehen zum Hotelpool – „wegen des strukturierten Trainings“, wie sie sagt. Ich schwimme meine Bahnen, die liebe Frau zählt laut mit. Ich schwimme, was das Chlor hergibt, und eine Gruppe älterer Hotelgäste – offensichtlich teutonischer Herkunft – unterstützt die liebe Frau lautstark beim Zählen. Der Dackel liegt währenddessen unter einer Sonnenliege mit einem nassen Waschlappen auf dem Kopf. Der versteht wirklich etwas von Urlaub!


Am siebten Tag endlich: Ruhe. „Heute machen wir nichts“, sagt die liebe Frau. Ich traue dem Frieden nicht. Und richtig – nachmittags folgt auf einen bis dahin perfekten Urlaubstag „sanftes Dehnen mit Musik auf dem Balkon“. Ich lehne mich zurück, lasse mich in den Stuhl sinken, der Dackel rollt sich auf meinen Füßen zusammen. Ich mache mit – wenigstens halbherzig.


Nun sitze ich am letzten Abend gemütlich auf der Terrasse. Neben mir die liebe Frau, die mir mit einem Glas Vino Rosso zuprostet: „War doch ein schöner Urlaub, oder? Sollten wir bald wieder einmal machen.“ Ich sehe sie an, dann den Dackel, der tiefenentspannt im Halbschatten schnarcht. Ich seufze leise. Ob aus Erschöpfung oder aus Erkenntnis? Einerlei. Es war … okay. Vielleicht sogar ein bisschen schön. Aber beim nächsten Mal schreibe ich das Programm. Und das beginnt mit: Liegestuhl – und hört dort auch wieder auf.


PS: Wenn Ihnen nach etwas Bewegung im Urlaub ist, dann können Sie gerne das Programm der lieben Frau übernehmen!

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