Diabetiker im Dschungel der Nährwertkennzeichnung

Diabetiker greifen sehr oft auf Lebensmittel zurück, auf denen Produktkennzeichnungen wie „zuckerfrei“ oder „Diät“ stehen. Beim Kauf eines solchen Diät- oder Lightproduktes sind sie davon überzeugt, das gesündere und bessere Produkt zu kaufen.


Trotz Lebensmittelkennzeichnung ist der Überblick oft schwer. Die Informationen des Etiketts sind nicht selten verwirrend und führen zu falschen Assoziationen. Daher ist es umso wichtiger für Diabetiker, sich mit den verschiedenen Produktaufschriften auseinander zu setzen. Im Zuge von Einkaufstrainings und Ernährungsschulungen werden diese Inhalte beispielsweise am Rehabilitationszentrum Hallein praxisnahe vermittelt. Denn nur ein wissender Konsument hat die Chance sich im Dschungel der Nähwertkennzeichnung gut zurechtzufinden. Was steckt also hinter den Begriffen „zuckerfrei“, „zuckerarm“, „ohne Zuckerzusatz“, „light“ oder „Diät-“?


Solche Aufschriften weisen auf besondere Produkteigenschaften hin und machen den Konsumenten darauf aufmerksam, dass es sich beispielsweise um ein zuckerarmes Lebensmittel handelt. Die so genannte „Health-Claims-Verordnung“ stellt sicher, dass diese nährwertbezogenen Angaben vom Hersteller nicht willkürlich erfolgen. Für jede dieser Angaben gibt es eigene Anforderungen, denen die Produkte entsprechen müssen.


Die Angabe, ein Lebensmittel sei zuckerarm sowie jegliche Angabe, die für den Verbraucher voraussichtlich dieselbe Bedeutung hat, ist nur zulässig, wenn das Produkt im Fall von festen Lebensmitteln nicht mehr als 5 g Zucker* pro 100 g oder im Fall von flüssigen Lebensmitteln nicht mehr als 2,5 g Zucker* pro 100 ml enthält. Zuckerfrei ist ein Lebensmittel, das nicht mehr als 0,5 g Zucker* pro 100 g oder 100 ml enthält. Ersatzweise dürfen Süßstoffe oder Zuckeraustauschstoffe zugesetzt werden.


*Unter den Begriff Zucker fallen lt. Verordnung alle Einfach- und Zweifachzucker (Glukose, Fruktose, Laktose, Maltose, Saccharose).


Die Angabe „ohne Zuckerzusatz“ bedeutet nicht, dass ein Lebensmittel zuckerarm oder zuckerfrei ist, sondern dass keine zugesetzten Mono- oder Disaccharide oder irgendein anderes wegen seiner süßenden Wirkung verwendetes Lebensmittel enthalten sind. Enthält das Lebensmittel von Natur aus Zuckerarten, sollte am Etikett folgender Hinweis angebracht sein: „Enthält von Natur aus Zucker“.


Bei sogenannten Light-Produkten muss der Gehalt an einem oder mehreren Nährstoffen um mindestens 30 Prozent gegenüber einem vergleichbaren Produkt verringert sein. Dabei sind die Eigenschaften anzugeben, die zu dieser Reduktion führen – das muss nicht immer Fett sein! Im Unterschied zu den diätetischen Lebensmitteln gibt es für solche mit der Bezeichnung „light“ keine exakte Definition. Light kann demnach viele Bedeutungen haben wie fettarm, kalorienreduziert, kohlensäurearm, alkoholreduziert, wenig gesalzen, koffein- und nikotinarm oder auch leichter verdaulich. Damit der Konsument bei der Vielzahl an Light-Produkten den Durchblick behält, ist es empfehlenswert, jedes Etikett genau zu betrachten, worauf sich der Begriff „light“ bezieht. Des Weiteren sagen nährwertbezogene Angaben nichts über die Zusammensetzung eines Lebensmittels aus. Die Angabe konzentriert sich nur auf das eine Kriterium. Ein „fettfreies“ Lebensmittel darf demnach Zucker enthalten wie auch umgekehrt.


Diabetikerlebensmittel bald passé


Diätlebensmittel sind für eine besondere Ernährungsweise bei bestimmten Krankheiten (wie z. B. Diabetes) bestimmt. Sie müssen sich von den Lebensmitteln des allgemeinen Verzehrs unterscheiden. In diesem Zusammenhang deutet der Begriff „Diät“ keineswegs auf kalorienreduzierte Lebensmittel hin. Vielmehr werden bestimmte Inhaltsstoffe oder Zutaten durch andere, in üblichen Produkten nicht verwendete, Stoffe ersetzt. Laut Diät-Rahmenverordnung darf einem Diabetikerlebensmittel demnach kein „Zucker“ (d. h. Glucose, Invertzucker, Disaccharide, Maltodextrine und Glucosesirupe) zugesetzt werden. Stattdessen sind Fruktose, Zuckeraustauschstoffe und Süßstoffe zum Süßen erlaubt.

Nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft benötigen Diabetiker aber keine diätetischen Lebensmittel mehr, da für sie inzwischen die gleichen Empfehlungen für eine gesunde Ernährung und Lebensführung gelten, wie für die Allgemeinbevölkerung. Auch ist Zucker in der Ernährung des Diabetikers prinzipiell erlaubt. Bei zufriedenstellender Blutzuckereinstellung werden bis zu 50 g Zucker (Haushaltszucker in verpackter Form, Honig, Fruchtsäfte) akzeptiert.

In Deutschland wurde deshalb die Streichung der Diabetikerprodukte beschlossen. Bis Oktober 2012 können diese noch in Verkehr gebracht und danach bis zum Ende ihrer Mindesthaltbarkeit abverkauft werden. Österreich ist zwar auch mit der Abschaffung von Diabetiker-Lebensmitteln einverstanden, wartet jedoch noch auf eine entsprechende EU-Richtlinie. Wir können gespannt sein…


Monika Schauer

Diätologin im Rehabilitationszentrum Hallein, ein Zentrum für Endokrinologie und Stoffwechselerkrankungen

Dr. Schelkshorn

Prim. Dr. Christian Schelkshorn

seit 40 Jahren Typ-1-Betroffener 
seit 24 Jahren Internist und Diabetologe

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