Die traditionelle mediterrane Küche ist nicht nur äußerst schmackhaft, sondern auch sehr gesund.Diaetologe Helmut Nussbaumer hat sie in mehrjähriger Praxis vor Ort in Zusammenarbeit mit Köchen verschiedenster Regionen kennen und lieben gelernt. 19 Länder umsäumen das Mittelmeer. Und wenn auch jedes Land seine eigenen Spezialitäten vorzuweisen hat, so vereint doch alle die Grundlage der gesunden mediterranen Kost.
Im Laufe der Jahrzehnte haben leider auch rund ums Mittelmeer Fast Food & Co. Einzug gehalten und von der traditionellen Mittelmeerküche früherer Jahre ist oft nicht mehr all zu viel übrig geblieben. Zudem wird den kulinarischen Wünschen der Touristen immer mehr Rechnung getragen und so findet sich Fisch auf der Speisekarte heute auch paniert und in reichlich Fett ausgebacken oder in einem See aus Rahmsoße schwimmend – ganz im Gegensatz zu der traditionellen Zubereitungsweise vom Grill, mit frischen Kräutern und etwas Knoblauch mariniert, dazu Zitrone und eine Schüssel knackigen Salat, mit nativem Olivenöl angemacht.
Herzgesunde Mittelmeerküche ist wissenschaftlich gut belegt!
Die groß angelegte „7-Länder-Studie“ zeigte bereits vor rund 50 Jahren auf, dass von jeweils 10 000 Männern im Alter zwischen 40 bis 60 Jahren innerhalb von 10 Jahren auf Kreta nur 9, in Holland 420 aber in Finnland sogar 992 Männer einen Herzinfarkt erlitten. So konnte ein deutliches Nord-Süd- Gefälle nachgewiesen werden. Natürlich interessierten sich die Wissenschaftler besonders für die Ursachen des deutlich verringerten Infarktrisikos der Südländer. Sie führten dies zum einen auf die Ernährung und zum anderen auf den allgemein stressfreieren Lebensstil mit reichlich Sonnenschein und Gelassenheit zurück – drei wesentliche Faktoren, wenn es darum geht Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu vermeiden!
Was zeichnet die mediterrane Küche besonders aus?
In erster Linie ist der hohe Konsum an frischem Gemüse, Salat, Hülsenfrüchten und Obst entscheidend. Einen Tag ohne Gemüse gibt es dort nicht. Die Europameister im Gemüseessen sind nach wie vor die Griechen. Wenn Nachtisch angeboten wird, dann meist in Form von vollreifem Obst oder Nüssen. Ebenso wichtig scheint der hohe Verbrauch an Oliven und Olivenöl zu sein. Die spezielle Zusammensetzung der einfach ungesättigten Fettsäuren wirkt sich im menschlichen Stoffwechsel besonders schützend auf die Gefäßwände aus. Zudem verbessern sie die Insulinempfindlichkeit der Zellen, wovon insbesondere Menschen mit Typ-2-Diabetes profitieren. In seiner ganzen Vielfalt findet Öl Anwendung und selbst die meist spärlich genossenen Süßspeisen werden in Olivenöl ausgebacken. Entgegen der viel verbreiteten Meinung ist Olivenöl nämlich bis ca. 180°C hitzestabil. Allerdings sollte für diesen Zweck kein teures kalt gepresstes Öl verwendet werden. Freie Fettsäuren sind unerwünschte Begleitstoffe im Öl und entstehen bei nicht sachgerechter Arbeitsweise.
Milch und Milchprodukte, vielfach von Schaf und Ziege, dürfen ebensowenig bei Tisch fehlen. Aus praktischen Gründen werden diese zur Verbesserung der Haltbarkeit meist zu Sauermilchprodukten und Käse verarbeitet. Joghurt dient als Grundlage für süße Desserts genauso wie für das auch bei uns sehr beliebte „Tsatsiki“.
Weniger Fleisch – dafür mehr Fisch!
Fisch wird reichlich verzehrt, liegt doch die Quelle hierfür unmittelbar vor der Haustüre. Aber nicht nur Fisch und Meerestiere erfreuen sich größter Beliebtheit, auch Geflügel wird regelmäßig serviert. Anderes Fleisch kommt eher selten auf den Teller und die für Österreich so typischen Wurstwaren finden sich rund ums Mittelmeer praktisch gar nicht.
Ein Gläschen Wein darf nicht fehlen!
Ein steter Begleiter zum Essen ist das Gläschen Wein. Mittlerweile haben Studien vielfach belegt, dass hiermit das Herzinfarktrisiko vermindert werden kann. Sekundäre Pflanzenstoffe aus der Traubenschale, die ähnlich den Vitaminen wirken, scheinen – neben dem Alkohol an sich – für die günstige Wirkung verantwortlich zu sein. Bei größeren Mengen schlägt der positive Effekt allerdings sehr schnell ins Gegenteil um. Daher sollten Frauen nur ein Glas Wein und Männer maximal ein zweites Glas genießen.
Sich Zeit zum Kochen und für Familie und Freunde nehmen!
Hinzu kommen in der traditionellen Mittelmeerküche ein paar tausend Jahre Erfahrung, mit endloser Liebe und Zeit zum Kochen. Gegessen wird mit Genuss und Leidenschaft, ohne Hetze. Bei entspannter Atmosphäre werden die sozialen Bande mit Familie und Freunden besonders gepflegt und tragen so wesentlich zum Wohlbefinden der Mittelmeerbewohner bei. Auch in jüngster Zeit konnten zahlreiche neue Studien und Leitlinien die positiven Effekte der mediterranen Kost für Menschen mit Diabetes, Bluthochdruck, Übergewicht oder Fettstoffwechselstörungen belegen. Auch wenn es nicht immer möglich ist, das Prinzip der Mittelmeerküche umzusetzen, sollten Sie doch so oft wie möglich mediterranes Flair in Ihre Küche einziehen zu lassen!
Die mediterrane Ernährungsweise für Diabetiker im Überblick:
Die bunte Vielfalt an frischem Gemüse, Salat, Hülsenfrüchten, Nüssen und etwas Obst täglich genießen.
Ausgewählte Getreideprodukte wie Bulgur oder Kuskus in den Speiseplan als Beilage aufnehmen.
Olivenöl als primäre Fettquelle einsetzen.
Mehr aromatische Gewürze und Kräuter und dafür weniger Salz verarbeiten (Meersalz hat keine Vorteile!)
Öfter Fisch als Fleisch!Ein Gläschen Wein zum Essen kann meist nicht schaden (Vorsicht aber bei Begleiterkrankungen, wie z.B. Übergewicht, Polyneuropathie, Fettleber, erhöhte Triglyceride …)

Prim. Dr. Christian Schelkshorn
seit 40 Jahren Typ-1-Betroffener
seit 24 Jahren Internist und Diabetologe