Die Vorliebe für Süßes wurde uns Menschen schon in die Wiege gelegt. Bereits von Geburt an ist unser süßer Geschmacksinn besonders gut ausgeprägt. Dies hat auch seinen guten Grund – Muttermilch schmeckt süß! Bitterstoffe hingegen waren seit jeher mit den Attributen „Vorsicht, ungenießbar oder sogar giftig“ versehen. Und tatsächlich bewährt sich meist die Regel der Natur: „Süß ist essbar – bitter lieber nicht!“
Honig sowie zuckerhaltige Frucht- und Pflanzensäfte dienten schon seit Urzeiten als Genussmittel. Honig hatte in der Antike sogar den Beinamen „Liebliche Speise der Götter.“ Heute werden Süßigkeiten gerne als Belohnung bei Kummer oder Stress eingesetzt und dienen so zu sagen als Trostpflaster wenn es uns einmal nicht so gut geht. Niemand braucht gänzlich auf Süßes zu verzichten – dies gilt natürlich auch für Menschen mit Diabetes – es kommt jedoch darauf an, wie viel und wie oft davon gegessen wird.
Zucker – Steckbrief:
Zuckerrohr wurde im 7. Jahrhundert nach Christus erstmals von den Arabern angebaut und gelangte durch die Kreuzzüge nach Europa
Verwendung damals: medizinische Zwecke!
Anbau heute : 76 % Zuckerrohr; 24 % Zuckerrüben
Pro-Kopf-Verbrauch in Österreich: ca. 35 kg/Jahr
Zucker & Diabetes 2012
Die Leitlinien der Diabetesfachgesellschaften sowie des Verbandes der Österreichischen Diätologen treffen zum Zuckerkonsum folgendes Urteil:
„Wenn gewünscht und wenn die Blutglukosespiegel befriedigend sind, kann eine moderate Aufnahme freier Zucker (bis zu 50 g/Tag) in die Ernährung von Typ-1- und Typ-2-Diabetikern eingeschlossen werden.“
Das strenge Zuckerverbot von früher ist somit aufgehoben. Allerdings sollte der Zucker nur in verarbeiteter Form genossen werden. Mal ein kleines Stück Kuchen, ein Teelöffel Marmelade oder zwei Rippen Schokolade gehören auch zu einer abwechslungsreichen Diabetes-Mischkost dazu. Spezielle Diabetiker-Süßigkeiten braucht es nicht mehr. Ein Zucker-Zusatz in Getränken wie Kaffee, Fruchtsäften oder Limonaden muss aufgrund des rasanten Blutzuckeranstiegs jedoch weiterhin abgelehnt werden.
Zuckeraustauschstoffe
Steckbrief:
Namen: Sorbit, Maltit, Xylit, Isomalt, Laktit, Erythrit
Auch Zuckeralkohole auf Grund ihres molekularen Aufbaus genannt – enthalten aber keinen Alkohol
1929: Wunsch nach Zuckerersatz für Diabetiker wird größer – Sorbit wird eingesetzt!
Haben nur halb so viele Kcal wie Zucker und sind nicht Karies fördernd oder Blutzuckerwirksam
Deutlich höherer Preis als andere Süßungsmittel
Die meisten Zuckeraustauschstoffe wirken ab ca. 30 g abführend!
Fruchtzucker (Fructose) zählt ebenfalls zu den Zuckeraustauschstoffen
Steckbrief:
Natürlich enthalten in Obst,
Rohr- und Rübenzucker, Honig …
Genau so viele Kcal wie Zucker
Früher: Als „Diabetikersüße“ besonders empfohlen, da der Stoffwechsel ohne Insulin erfolgt
Heute: Entlarvt als Förderer von Übergewicht, Insulinresistenz/Diabetes und Gicht!!!
Aus für Diabetiker-Lebensmittel
In Deutschland ist es damit endgültig vorbei. Die Regierung hat die Abschaffung derartiger Produkte für Oktober 2012 beschlossen. In Österreich soll ein Verbot laut Aussage des Bundesministeriums für Gesundheit im Rahmen einer europäischen Regelung erfolgen. Der Grund: Diabetikerlebensmittel sind für Menschen mit Diabetes keinesfalls besser. Die Aufschrift „Diät“ erweckt den falschen Eindruck dieses Lebensmittel könnte zuträglicher sein. Tatsächlich enthalten aber Diabetiker Süßigkeiten häufig sogar mehr Kalorien als das vergleichbare Gegenstück.
Süßstoff Aspartam
Steckbrief:
1965 auf Eiweißbasis entwickelt, schmeckt 200mal süßer als Zucker
Enthält minimal Kcal – diese sind zu vernachlässigen und werden nicht berechnet
Nicht koch- u. backfest
Markennamen: Nutrasweet und Canderel
Bei der sehr seltenen Erkrankung „PKU“ darf Aspartam nicht verwendet werden, da ein enthaltener Eiweißbaustoff vom Körper nicht verstoffwechselt werden kann
Die Ernährungssicherheitsbehörden garantieren keine negativen Auswirkungen bei einer tägliche Aufnahmemenge von 50 mg/kg Körpergewicht Aspartam. Hierbei wurde ein hundertfacher Sicherheitsabschlag mit einberechnet.
Ein Erwachsener mit 70 Kilogramm müsste täglich 26,5 Liter Cola Light, ein Leben lang trinken um auf diese Menge Süßstoff zu kommen
Auch nach Jahrzehnten keine Krebs erregende Wirkung festgestellt.
Stevia – das Zuckerkraut!
Steckbrief:
40 bis 300mal so süß wie Zucker
Kcal frei, keine kariogene Wirkung, kein BZ-Anstieg
In Süd-/Mittelamerika seit über 500 Jahren bekannt – nicht winterhart
WHO: Reines Stevia-Extrakt bis 4 mg/Kg KG pro Tag unbedenklich
2011: Stevia gilt als sicher! (EU Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA)
Seit Dez. 2011 in der EU als Süßungsmittel zugelassen.
Gehört Lebensmittelrechtlich zu den Zusatzstoffen (E 960)
Stevia Gegner argumentieren häufig, dass es sich bei Stevia keines Falls um ein natürliches Süßungsmittel handelt, da es ja industriell aus den Pflanzen gelöst wird. Die Extraktionsverfahren und Hilfsmittel, die hierfür verwendet werden, seien alles andere als eine natürliche Gewinnung.
Vergleicht man die Verfahren jedoch mit der Erzeugung von raffinierten Speiseölen, welche hauptsächlich in der Küche verwendet werden, zeigen sich hier ganz ähnliche Prozesse. Allerdings kann es passieren, dass kein reines Stevia angeboten wird, sondern Beispielsweise Stärke (Maltodextrin) zugesetzt wurde. Um zusätzlichen Täuschungen des Verbrauchers vorzubeugen, hat das Bundesministerium für Gesundheit folgenden Erlass festgesetzt:
Folgende Angaben werden derzeit als täuschungsfrei angesehen:
„mit Steviolglycosiden“
„mit Rebaudiosid A“ bzw. „mit Steviosid“ (abhängig vom Gehalt mind. 75 %)
„mit Steviolglycosiden aus Stevia/Steviapflanzenteilen“
„mit Süßungsmittel/Süßstoff Steviolglycoside aus Stevia/Steviapflanzenteilen“
„mit Steviolglycosiden aus pflanzlicher Quelle/pflanzlicher Herkunft
„mit Steviolglycosiden isoliert/gewonnen/hergestellt aus natürlicher Quelle“
Zur Täuschung geeignet werden folgende Angaben auf Verpackungen angesehen:
· „natürlich gesüßt“
· „mit natürlichem Süßungsmittel“/Süße
· „mit Süße aus pflanzlicher Quelle (Herkunft/Ursprung)/natürlicher Quelle
· „mit der natürlichen Süße aus der Stevia-Pflanze“
· „mit Stevia/extrakt“ (Steviaextrakt ist kein Synonym für Steviolglycoside)
· „Süße aus Stevia“ sowie bildliche Darstellungen oder Symbole der Steviapflanze
Fazit: Noch nie zuvor gab es so viele unterschiedliche Möglichkeiten sich das Leben zu versüßen.Bei Diabetes gilt aber nach wie vor größere Mengen Zucker, Honig, Zuckerrübensirup oder vergleichbares zu vermeiden.
Mit Süßstoffen stehen seit Jahrzehnten Blutzucker-unwirksame Alternativen zur Verfügung. Obwohl sich Gerüchte über deren angeblich appetitfördernde Wirkung oder Krebsrisiko hartnäckig halten, spricht aus heutiger ernährungswissenschaftlicher Sicht nichts gegen einen gezielt dosierten Einsatz in der Diabetikerkost.
Durch die Zulassung von Stevia im vergangenen Jahr, haben wir ein weiteres Süßungsmittel zur Verfügung. Aufgrund des leicht bitteren Beigeschmacks dient es jedoch nicht zur alleinigen Süße sondern kann – wenn Zucker eingespart wird – als Ergänzung Verwendung finden.
Zucker, Zuckeraustauschstoffe, Fructose, Süßstoffe oder Stevia: Wofür auch immer Sie sich entscheiden – letztendens gilt auch heute noch der Lehrsatz von Paracelsus aus dem 15. Jahrhundert:
„Die Dosis macht das Gift!“
Vortrag Helmut Nussbaumer, Diaetologe
Österreichischer Diabetikertag Innsbruck

Prim. Dr. Christian Schelkshorn
seit 40 Jahren Typ-1-Betroffener
seit 24 Jahren Internist und Diabetologe