Wenn der Schalter falsch umgelegt ist

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rotz großer wissenschaftlicher Anstrengungen konnte die Entstehung von komplexen Erkrankungen wie Typ-2-Diabetes mellitus (T2DM) noch nicht restlos aufgeklärt und verstanden werden. Obwohl lange Zeit die Genetik als Grundlage für die Entwicklung dieser Erkrankungen galt, ist diese Annahme mittlerweile überholt. So zeigte sich, dass Umwelteinflüsse wie Rauchen, Alkohol, ungesunde Ernährung und unzureichende Bewegung eine erhebliche Auswirkung auf die epigenetische Regulation der Gene haben, ohne zwangsläufig den genetischen Code selbst zu verändern. Diese Erkenntnisse werden nun genau studiert, um mögliche Marker für die Früherkennung zu identifizieren, und sie tragen im besten Fall auch zur Entwicklung von personalisierten Therapieansätzen bei.


Die Epigenetik befasst sich mit dem An- und Abschalten der Gene über verschiedenste chemische Modifikationen der DNA-Bausteine


Die Entwicklung metabolischer Erkrankungen beruht auf vielen einzelnen Mechanismen, eine davon ist die genetische Veranlagung. Eine weitere ist die Regulation unserer Gene über epigenetische Faktoren. Die Epigenetik beschreibt das An- und Abschalten einzelner Gene mittels chemischer Modifikation unserer DNA-Bausteine. Dadurch wird in den jeweiligen Regionen der Zugang zur DNA-Sequenz freigegeben oder verwehrt und somit dessen Aktivität aktiv kontrolliert. Vorzustellen ist das wie ein Lichtschalter, der umgelegt wird – und das Licht geht entweder an oder aus. Im Normalzustand können so aus einer Stammzelle gezielt verschiedene differenzierte Zellen, wie Leber-, Nieren-, Haut- oder Muskelzellen, erzeugt werden. Dabei bleibt der genetische Code in den neu entwickelten Zellen der gleiche wie in der ursprünglichen Stammzelle. Sie unterscheiden sich nur in ihrem Ablesemuster der Gene. Damit kann auch erklärt werden, warum bei genetisch identischen Zwillingen nur bei einem eine Erkrankung ausbricht und der zweite gesund bleibt.


Unser Verhalten und damit die Umwelt beeinflusst das Ablesemuster unserer Gene in der Zelle


Zellkulturexperimente konnten nun deutlich darlegen, dass eine erhöhte Zufuhr an Glukose und Fett zu Veränderungen in diesen Mustern führt und schlussendlich zur Entstehung von T2DM, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder zu einer nichtalkoholischen Fettleber führen kann. Eines der bestdokumentierten Beispiele für diesen Prozess ist die niederländische Hungersnot im Winter 1944/45. Die zu dieser Zeit verfügbare Nahrungsmenge lag pro Tag nur bei rund 400–800 Kalorien pro Person. Kinder, die zu dieser Zeit ausgetragen wurden, zeigten später ein deutlich erhöhtes Risiko, an Adipositas, T2DM oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu erkranken. Diese Relation konnte auch über zwei Generation hinweg noch auf die Hungersnot zurückgeführt werden. 


Die Epigenetik bietet neue Ansätze für Frühdiagnostik und personalisierte Medizin von metabolischen Erkrankungen


Mittlerweile konnten nahezu 500 epigenetische Veränderungen identifiziert werden, die bereits Jahre vor dem eigentlichen Ausbruch der Erkrankung zu detektieren sind. Diese Erkenntnis wird nun genutzt, um einzelne aussichtsreiche Kandidaten zu testen und sie als Biomarker für die Frühdiagnostik bei Vorsorgeuntersuchungen verwenden zu können. Derzeit wird auch daran gearbeitet, ob sich diese krankhaften epigenetischen Veränderungen nach einer gezielten Nahrungsumstellung wieder in den „Normalzustand“ zurückbilden.


Ein weiterer Ansatz ist die Entwicklung von personalisierter Medizin. Da das An- und Ausschalten vereinzelter Gene auch oftmals mit dem Ansprechverhalten für bestimmte Medikamente in Zusammenhang steht, spielt deren Bestimmung zudem eine Rolle bei der Zusammenstellung der richtigen und vor allem individuellen Therapie. Dieser Mechanismus ist seit geraumer Zeit in der Krebsforschung bekannt, in der die Epigenetik schon wesentlich besser studiert ist als bei metabolischen Erkrankungen. 


Im Bereich der Epigenetik bietet sich sehr viel Spielraum für eine verbesserte Diagnostik sowie Therapie für metabolische Erkrankungen.

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