Frage: Ich habe gehört, dass es die Möglichkeit einer Pflegekarenz bzw. Pflegeteilzeit gibt. Unter welchen Voraussetzungen kann ich Pflegekarenz/Pflegeteilzeit in Anspruch nehmen?
Pflegekarenz/Pflegeteilzeit kann für die Pflege naher Angehöriger in Anspruch genommen werden, die zumindest Pflegegeld der Stufe 3 erhalten. Bei minderjährigen Angehörigen oder Angehörigen, die an Demenz erkrankt sind, ist bereits ein Anspruch auf Pflegegeld der Stufe 1 ausreichend.
Um Pflegekarenz/Pflegeteilzeit in Anspruch nehmen zu können, muss weiters eine schriftliche Vereinbarung mit dem Arbeitgeber getroffen werden und das Arbeitsverhältnis zumindest 3 Monate ununterbrochen bestanden haben. Für Personen, die lediglich geringfügig beschäftigt sind, ist die Möglichkeit von Pflegekarenz/Pflegeteilzeit jedoch ausgeschlossen.
Als nahe Angehörige gelten die Ehegattin/der Ehegatte und deren Kinder, die eingetragene Partnerin/der eingetragene Partner und deren Kinder, die Lebensgefährtin/der Lebensgefährte und deren Kinder, die Eltern, Großeltern, Adoptiv-, Stief- und Pflegeeltern, die Kinder, Enkelkinder, Adoptiv-, Stief- und Pflegekinder, Geschwister sowie Schwiegereltern und Schwiegerkinder. Ein gemeinsamer Haushalt mit dem zu pflegenden nahen Angehörigen ist nicht erforderlich.
Die Pflegekarenz/Pflegeteilzeit ist dazu gedacht, eine bessere Vereinbarkeit von Pflege und Beruf zu gewährleisten, wobei das dahinterstehende Ziel vor allem darin besteht, Pflege im Fall eines plötzlich auftretenden Pflegebedarfs oder zur Entlastung einer pflegenden Person für eine bestimmte Zeit zu ermöglichen. Pflegekarenz und Pflegeteilzeit stellen somit Überbrückungsmaßnahmen dar und können daher für eine Dauer von 1 bis maximal 3 Monaten vereinbart werden.
Pflegekarenz/Pflegeteilzeit kann nicht in mehreren Teilen vereinbart werden. Für ein und dieselbe zu pflegende/betreuende Person kann Pflegekarenz/Pflegeteilzeit nur einmal vereinbart werden. Wird die Pflegegeldstufe der zu pflegenden/betreuenden Person erhöht, kann einmalig eine neuerliche Vereinbarung von Pflegekarenz/Pflegeteilzeit getroffen werden. Pro pflegebedürftiger/zu betreuender Person kann Pflegekarenz jedoch maximal für 12 Monate in Anspruch genommen werden.
Es ist allerdings zulässig, dass mehrere Personen für eine zu pflegende/betreuende Person Pflegekarenz/Pflegeteilzeit in Anspruch nehmen. So könnten etwa 2 Geschwister hintereinander je eine Pflegekarenz von 3 Monaten für die Pflege eines Elternteils in Anspruch nehmen und dadurch insgesamt einen Zeitraum von 6 Monaten abdecken.
Seit 01. 01. 2020 besteht in Betrieben mit mehr als 5 Arbeitnehmern gegenüber dem Arbeitgeber ein Rechtsanspruch auf zumindest 2 Wochen Pflegekarenz/Pflegeteilzeit. In diesen 2 Wochen kann mit dem Arbeitgeber eine Verlängerung vereinbart werden. Kommt keine Vereinbarung zustande, besteht dennoch ein Anspruch auf weitere 2 Wochen Pflegekarenz/Pflegeteilzeit.
Während der Pflegekarenz besteht ein Motivkündigungsschutz, ein Anspruch auf Pflegekarenzgeld sowie eine sozialversicherungsrechtliche Absicherung durch eine beitragsfreie Kranken- und Pensionsversicherung. Die Beiträge für die Kranken- und Pensionsversicherung werden vom Bund getragen.
Die Möglichkeit der Pflegekarenz (nicht der Pflegeteilzeit) besteht auch für Bezieher von Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe. Für die Dauer der Pflegekarenz/Pflegeteilzeit besteht ein Anspruch auf Pflegekarenzgeld. Der Grundbetrag des Pflegekarenzgeldes ist einkommensabhängig. Die Höhe entspricht der Höhe des Arbeitslosengeldes.
Im Falle von Pflegeteilzeit wird die Arbeitszeit reduziert, weshalb sich das Einkommen entsprechend verringert. In diesem Fall gebührt daher auch das Pflegekarenzgeld lediglich aliquot und berechnet sich grundsätzlich anhand der Differenz zwischen durchschnittlichem Bruttoentgelt (ohne Sonderzahlungen) vor und während der Pflegeteilzeit.

Mag. Karlheinz Amann
Von 1998 bis 2006 zunächst als juristischer Mitarbeiter und ab 2001 als Rechtsanwaltsanwärter in einer Wiener Anwaltskanzlei beschäftigt. Einen Teil seiner Gerichtspraxis hat er beim Arbeits- und Sozialgericht Wien verbracht. Seit dem Jahr 2006 ist er als selbständiger Rechtsanwalt in Wien unter anderem mit den Schwerpunkten Patientenrecht, Sozial- und Sozialversicherungsrecht tätig.