Der kontinuierliche Anstieg von Übergewicht und Adipositas und die damit verbundenen Neudiagnosen mit Typ-2-Diabetes und nichtalkoholischer Fettleber sind alarmierend. Neben erhöhten Blutfettwerten, Blutzucker und Blutdruck steigt auch das Risiko für bestimmte Krebsarten. Eine entscheidende Rolle spielen hierbei die Wechselwirkungen zwischen Umweltfaktoren und der Genregulation, die als Epigenetik bekannt sind.
Kürzlich konnten wir zeigen, dass epigenetische Veränderungen bei Patienten mit metabolischen Erkrankungen die DNA-Struktur beeinflussen und das Ableseverhalten der Gene verändern. Je schlechter der Diabetes kontrolliert ist oder je stärker die Fettleber ausgeprägt ist, desto deutlicher sind diese Veränderungen zu beobachten. Interessanterweise können sie jedoch bereits frühzeitig bei übergewichtigen Patienten nachgewiesen werden. Die gleichen Veränderungen wurden auch bei Tumorpatienten beobachtet. Da jedoch epigenetische Mechanismen durch unser Verhalten und Umweltfaktoren beeinflusst und reversibel sind, könnten sie in Zukunft ein vielversprechendes Ziel für neue Therapien darstellen.
Die Rolle der Epigenetik im menschlichen Genom – es braucht mehr als nur den genetischen Code
Der menschliche genetische Code, der in Form unserer DNA in unseren Zellen gespeichert ist, besteht aus den vier Basen Adenin, Guanin, Cytosin und Thymin und ist zweifellos ein Meisterwerk der Evolution. Als das Humangenomprojekt im Februar 2001 die vollständige Entschlüsselung des menschlichen Genoms bekanntgab, waren die Erwartungen hoch. Man hoffte, viele Krankheiten durch die Entdeckung genetischer „Fehler“ besser verstehen, behandeln oder gar heilen zu können. Doch schon bald wurde klar, dass der genetische Code allein nicht ausreicht, um die Komplexität des menschlichen Organismus zu erklären. Es muss also eine zusätzliche Regulierungsebene geben, die diese Information nicht nur nutzt, sondern auch in Verbindung mit Umwelteinflüssen setzt. Diese Ebene, die als „Epigenetik“ bezeichnet wird, steuert, wie Gene abgelesen und in den Zellen aktiviert oder deaktiviert werden – und dies hängt stark von Faktoren wie Ernährung, Lebensstil und Umweltbedingungen ab.
Ein zentraler epigenetischer Mechanismus ist die DNA-Methylierung. Hierbei werden chemische Modifikationen an bestimmten Cytosinbasen, die von Guanin gefolgt werden, angebracht. Diese Methylgruppen beeinflussen, welche Abschnitte der DNA abgelesen und in der Zelle aktiv sind und welche stillgelegt sind. Dieser Prozess erklärt auch, warum jede Zelle im Körper trotz identischer genetischer Information unterschiedliche Funktionen erfüllen kann. Die zeitlich präzise Steuerung der Genaktivität und die Kombination verschiedener Gene ermöglichen die Entstehung von über 200 unterschiedlichen Zelltypen – von Muskel- bis Nervenzellen.
Da die DNA-Methylierung in unseren Zellen in der Regel stabil ist (mit einigen bekannten Ausnahmen), treten Veränderungen meist in Verbindung mit geänderten Lebensbedingungen, dem Altern oder krankhaften Prozessen auf. Solche Änderungen der DNA-Methylierung wurden in zahlreichen Genen nachgewiesen, die im Zusammenhang mit metabolischen Erkrankungen wie Diabetes oder der nichtalkoholischen Fettleber stehen.
Zudem wurde nachgewiesen, dass eine Reduktion des HbA1c-Wertes, die mit einer verbesserten Therapieeinstellung einhergeht, die DNA-Methylierung in Risikogenen auf ein Niveau zurückführt, das mit dem von gesunden Probanden vergleichbar ist, was auf die enge Verbindung zwischen Epigenetik und Stoffwechselkontrolle hinweist. Leider sind bislang noch keine Daten zur Beziehung zwischen DNA-Methylierung und Time-in-Range der Glukosesensoren verfügbar.
Struktur und Faltung der DNA − ein neuer Aspekt in der Epigenetik
Erst vor rund 71 Jahren haben James Watson und Francis Crick die Struktur der DNA – die DNA-Doppelhelix – erstmals beschrieben. Doch diese Form ist nicht die einzige, die unsere DNA annehmen kann. In bestimmten Fällen bildet sie alternative Strukturen aus, wie die sogenannten G-Quadruplexe. Diese Strukturen, die sich zum Beispiel an den Telomeren – den Enden unserer Chromosomen – befinden, schützen das Erbgut vor frühzeitigem Abbau und spielen eine entscheidende Rolle bei der Stabilität unserer Chromosomen. Darüber hinaus können G-Quadruplexe Gene an- und abschalten.
Unsere Forschungsgruppe hat diesen Mechanismus bei der Regulation von zwei wichtigen Genen nachgewiesen: der Glucokinase (GCK) und dem Transmembrane-6-superfamily-member-2-(TM6SF2-)Gen, die beide eine zentrale Funktion im Glukose- und Fettstoffwechsel haben und Risikogene für Typ-2-Diabetes und die nichtalkoholische Fettleber sind. Die Studie, durchgeführt in Zusammenarbeit mit den Salzburger Landeskliniken, zeigt, dass die DNA-Methylierung mit dem Schweregrad der metabolischen Erkrankung korreliert und direkt in diesen G-Quadruplex-Regionen stattfindet.
Laboruntersuchungen haben gezeigt, dass veränderte Umweltbedingungen, wie erhöhte Glukosekonzentrationen, zur Ausbildung dieser G-Quadruplex-Strukturen führen, die normalerweise nicht entstehen sollten. Dies kann zur Aktivierung von Genen oder Genabschnitten führen, die unter normalen Umständen nicht abgelesen werden. Je weiter die metabolische Erkrankung fortschreitet, desto stärker sind diese DNA-Methylierungen verändert. Besonders interessant ist, dass die Ausbildung von G-Quadruplexen in Tumoren stark erhöht ist, ebenso wie die Veränderungen in der DNA-Methylierung. Dies legt nahe, dass veränderte DNA-Strukturen, ausgelöst durch abnormale Methylierungsmuster, eine frühe Verbindung zwischen metabolischen Erkrankungen und einem erhöhten Krebsrisiko darstellen könnten.
Abschließend wird deutlich, dass metabolische Erkrankungen auf einer Vielzahl komplexer Mechanismen beruhen. Die jüngsten Erkenntnisse helfen uns nicht nur zu verstehen, welche Gene fälschlicherweise hoch- oder runterreguliert werden, sondern auch, warum Patienten mit solchen Erkrankungen ein erhöhtes Krebsrisiko haben. Das Ziel der Forschung ist es nun, basierend auf diesen Daten ein Frühdiagnosesystem zu entwickeln. Da epigenetische Veränderungen auch die Wirkung zahlreicher Medikamente beeinflussen, gewinnt die Epigenetik in der personalisierten Medizin zunehmend an Bedeutung und könnte den Weg zu individuell zugeschnittenen Therapien ebnen.

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